Fragen und Antworten zum Thema Busssakrament

  • 1. «Muss» man beichten gehen?

    Wo Menschen dem lebendigen Gott begegnen, erfahren sie ein grosses Glück. Gottes Licht öffnet ihrem Leben ganz neue Horizonte. Freude und Begeisterung brechen auf. Gottes Licht zeigt ihnen aber auch, wo sie der Heilung und Umkehr bedürfen. Da stellt sich die Frage: Wie kann mein Leben mehr heil werden? Wie kann ich Vergebung erhalten? Wie kann die Umkehr immer tiefer mein Leben wandeln?

    Die Beichte (das Busssakrament) ist nicht die einzige Form von Sündenvergebung. Die Bibel und die Kirche kennen verschiedene Formen der Sündenvergebung: Gebet, Almosen, gute Werke, der Bussakt bei der Eucharistiefeier, Versöhnungsfeiern und das Busssakrament. Entscheidend ist bei allen Formen Reue und die damit verbundene persönliche Umkehr.
    Für schwere (schwerwiegende) Sünden sieht die Kirche den Empfang des Busssakramentes (einmal jährlich) vor. Das 4. Laterankonzil (1215) verpflichtet katholische Gläubige, ihre Sünden wenigstens einmal im Jahr zu bekennen, wenn sie schwere Sünde begangen haben. Dies soll besonders als Vorbereitung zum Empfang der Eucharistie an Ostern geschehen.
    Wer schwer in Sünde verstrickt ist, braucht Hilfe, um dauerhaft auf den neuen Weg zu kommen. Im Busssakrament befreit uns Jesus am Wirksamsten aus der Macht des Bösen und stärkt uns für den Weg des Neuanfanges. Dazu ist oft auch das Gespräch in der Beichte unentbehrlich, um mehr Klarheit über die Ursache des Fehlverhaltens und um unterstützende Hilfen für den Heilungsweg zu erhalten.

    Müssen wir beichten oder dürfen wir beichten? In den Augen Jesu ist das Busssakrament das österliche Geschenk der Befreiung. Jesus Christus hilft uns in diesem Sakrament, der Wahrheit so ins Auge zu schauen, dass sie uns frei macht und aufrichtet. Er schenkt uns hier immer neu Vergebung und Annahme. Er löst uns aus negativen Bindungen. Er schenkt Widerstandskraft gegen alle Formen des Bösen. Die Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes hilft uns, uns selbst zu verzeihen und uns mit der Vergangenheit zu versöhnen.
    Zunehmend erfahren heute Menschen das Busssakrament als Geschenk, als wertvolle Hilfe auf ihrem Heilungs- und Wachstumsweg. Wenn wir unser Leben wahrhaft lieben, dann weckt der Heilige Geist in uns den Wunsch nach Ganzheit und Heiligkeit. Und wenn ein Mensch sich für diesen Weg entschieden hat, wird er mit wachsender Dankbarkeit zur Hilfe dieses Sakramentes greifen.

     

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  • 2. Wie oft sollen wir beichten gehen?

    Mindestens einmal im Jahr, am besten aber öfters. Gut ist es in überschaubaren zeitlichen Perioden diese Lebenshilfe in Anspruch zu nehmen. Manchmal wird auch die monatliche Beichte empfohlen. In besonders schwierigen Situationen oder bei Verstrickung in Sünde ist es ratsam, dieses heilsame Angebot oft in Anspruch zu nehmen. Der Herr will uns in diesem Sakrament immer umarmen und neu aufrichten.

    Vor der Erstkommunion, Firmung, Hochzeit oder einer Weihe empfiehlt die Kirche vorgängig zur Beichte zu gehen, um die Gnade des Sakramentes tiefer aufnehmen zu können. 

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  • 3. Macht es einen Unterschied, ob ich in einem Beichtstuhl oder in einem Beichtzimmer beichte?

    Es kommt vor allem auf die persönlichen Bedürfnisse an. Der Beichtstuhl bietet eine gewisse Anonymität und manchen Menschen fällt es leichter, über ihre Sünden und Verfehlungen zu sprechen, wenn sie dem Priester nicht direkt in die Augen schauen müssen. Andere hingegen möchten den Priester sehen und schätzen daher die Atmosphäre eines Beichtzimmers. Weiter entscheidet die beichtende Person, ob sie sich auf das Bekenntnis der Sünden beschränken und nach dem Zuspruch die Absolution empfangen will oder ob sie dazu auch ihre Not aussprechen, Fragen stellen und um Ratschläge bitten will. Beides ist sowohl im Beichtstuhl wie in einem Beichtzimmer (und wo immer) möglich.

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  • 4. Gibt es Sünden, die in der Beichte nicht erlassen werden können?

    Der Priester hat beim Busssakrament auch die Pflicht darauf zu achten, dass eine Beichte ehrlich ist. Er hat sogar die Möglichkeit, die Lossprechung der Sünden zu verweigern, wenn er berechtigte Zweifel daran hat, ob die beichtende Person ihre Sünden wirklich bereut oder möglicherweise schwerwiegende Sünden bewusst verschweigt.

    Es gibt auch besonders schwere Sünden, die automatisch die Exkommunikation der betreffenden Person nach sich ziehen. Von solchen Sünden (wie zum Beispiel die Schändung der Heiligen Kommunion oder die unrechtmässige Priester- und Bischofsweihe) kann der Priester nicht lossprechen, ohne den Bischof (und in seltenen Fällen auch den Papst) um Erlaubnis zu bitten. Einzig in Todesgefahr kann jeder Priester von jeder Sünde und Exkommunikation lossprechen.

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  • 5. Was ist der Unterschied zwischen einer Beichte und einer geistlichen Begleitung?

    Beichte und geistliche Begleitung sind zwei unterschiedliche Formen von seelsorglicher Begleitung. Die Beichte ist das Sakrament der Versöhnung, bei dem die beichtende Person von ihren Sünden losgesprochen wird. Die geistliche Begleitung ist kein Sakrament, sondern die regelmässige seelsorgerliche Begleitung eines Menschen durch eine (in der Regel) dafür ausgebildete Person. Ist der geistliche Begleiter ein Priester, kann mit ihm vereinbart werden, am Ende jedes Gesprächs zu beichten.

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  • 6. Was ist eine Lebens- oder Generalbeichte

    Im 16. Jahrhundert wurde von den Jesuiten die sogenannte Generalbeichte (Beichte eines Lebensabschnittes) oder Lebensbeichte (Beichte des gesamten Lebens) eingeführt Die Motivation darf nicht die Angst oder der Zweifel sein, vielleicht nie alles gebeichtet zu haben. Der Beweggrund dazu soll vielmehr ein Impuls des Heiligen Geistes sein, der Herzenswunsch, mit einem erfahrenen Beichtvater auf das eigene Leben zu blicken.

    Dabei geht es darum, den eigenen Mustern und Prägungen, die oft Ursachen für sündhaftes Verhalten sind, auf die Spur zu kommen. So kann es hilfreich sein, mit Jesus einen grösseren Lebensabschnitt oder das bisherige Leben anzuschauen. Dabei ist die menschliche, psychologische Seite wichtig. Wir fallen ja oft immer wieder in die gleichen Muster und Strukturen der Sünde hinein. Dabei hat vieles mit persönlichen Grenzen und der eigenen Not zu tun. Bei dieser Rückschau auf das Leben können Dunkelheiten, Unklarheiten, Verborgenes und Verdrängtes erkannt und verstanden, aber auch geklärt und behoben werden. Paulus sagt: „Alles, was aufgedeckt ist, wird vom Licht erleuchtet“ (Eph 5,13).
     
    Das Ziel einer Lebensbeichte ist, aus der Vergangenheit für meine Zukunft zu lernen. Dann kann auch ein Rückblick trotz der Demütigung durch die Sünde und des Versagens, in Wahrhaftigkeit, Gelassenheit und Dankbarkeit geschehen, weil wir wissen, dass Gott denen, die ihn lieben, alles (restlos alles!) zum Guten gereichen lässt (vgl. Röm 8,28). So haben gerade Maria Magdalena, Petrus, Paulus und viele andere aufgrund ihrer Erfahrungen in Sünde und Versagen ihr Format und das Profil ihrer Berufung gefunden.

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  • 7. Was bedeutet das Beichtgeheimnis?

    Das Beichtgeheimnis ist das bestgehütete Geheimnis der Welt. Kein Priester darf auch nur irgendetwas von dem, was ihm in der Beichte anvertraut wurde, nach aussen dringen lassen. Das Beichtgeheimnis bedeutet, dass der Priester zu strengster Geheimhaltung verpflichtet ist. Was der Priester in der Beichte hört, muss er so behandeln, als hätte er es nie erfahren, ausgenommen in einem weiteren Beichtgespräch mit derselben Person. Oft wird die Frage gestellt: Gilt das Beichtgeheimnis auch, wenn ein Mord, ein sexueller Missbrauch oder ein anderes schweres Verbrechen gebeichtet wird? Ja – das Beichtgeheimnis ist unverletzlich. (vgl. CIC 983) Selbst, wenn ein Priester mit dem Tod bedroht wird, darf er keinerlei Informationen über das weitergeben, was er in der Beichte erfahren hat. Wenn er dies trotzdem tut, zieht er sich automatisch, kirchenrechtlich die Strafe der Exkommunikation zu. Es gibt einige Priester, die sich lieber haben töten lassen, als das Beichtgeheimnis preiszugeben. Hier hat also jeder Gläubige, der zur Beichte kommt, einen umfassenden Schutz! Natürlich wird ein Priester jemanden, der einen Mord oder ein anderes schweres Verbrechen beichtet, vor der Absolution dazu anhalten, sich den Behörden zu stellen, um zur Aufklärung des Verbrechens beizutragen und die Wiedergutmachung so weit wie möglich anzustreben. Damit wird auch die echte Reue sichtbar.

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  • 8. Sind wir nach der Beichte für die Folgen unserer Taten noch weiter verantwortlich?

    Ja, wir bleiben auch nach der Beichte für die Folgen unserer Taten verantwortlich. Im Busssakrament werden wir mit Gott, mit der Kirche und mit den Mitmenschen versöhnt. Doch damit sind die Folgen noch nicht vom Tisch. Dafür müssen wir aufkommen. Das bedeutet, einen zugefügten Schaden, auch bei persönlichen Verletzungen, nach Möglichkeit wieder gut zu machen. Falls jemand eine Straftat verübt hat, muss er sich den staatlichen Strafgesetzen stellen.

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  • 9. Weshalb müssen wir vor einem Priester beichten?

    In der Ansprache der Generalaudienz am 19. Februar 2014 gab Papst Franziskus auf diese Frage folgende Antwort: „Einer könnte sagen: ich beichte nur vor Gott. Ja, du kannst zu Gott sagen: ‚Vergib mir‘ und Ihm deine Sünden bekennen. Aber unsere Sünden sind auch gegen unsere Brüder, gegen die Kirche, und deshalb ist es notwendig, in der Person des Priesters die Kirche und die Brüder um Vergebung zu bitten“. Wie können wir dies verstehen?

    Erstens: Sünde verletzt vielfältig. So sagt der jüngere Sohn im Gleichnis vom barmherzigen Vater: „Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt...“ (Lk 15,18). Dies zeigt: Sünde hat eine horizontale, auf die Menschen bezogene, und eine vertikale, auf Gott bezogene Dimension.
     
    Wenn ein Verbrecher ein Kind entführt und missbraucht, dann versündigt er sich nicht nur am Kind. Denn alle, die dieses Kind lieben – besonders natürlich Mutter und Vater – erleiden einen tiefen Schmerz. So verletzt und „versündigt“ sich damit der Verbrecher auch an den Eltern und weiteren Personen. Gott, der jeden Menschen über alles liebt, wird darum mit jeder Sünde einem Menschen gegenüber, auch verletzt, auch wenn die Sünde nicht „direkt“ gegen Ihn gerichtet ist.
     
    Paulus zeigt diese gegenseitige Verbundenheit auf, wenn er die Kirche als Leib Christi beschreibt: „Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm“ (1 Kor 12,26-27). Ein krankes und geschwächtes Glied spürt die Schwäche nicht nur selbst. Die Krankheit des einen Gliedes beeinträchtigt vielmehr den ganzen Leib.
     
    Sündige Glieder, auch wenn es sich um „verborgene“ Sünden handelt, schaden dem Ansehen des ganzen Leibes und hindern ihn in der Wirksamkeit. Dadurch kann Jesus durch die Glieder Seines Leibes nicht in Seiner vollen Kraft wirken. So haben Sünde und Umkehr immer auch Auswirkungen auf den ganzen Leib und auf die Wirksamkeit Jesu durch die Kirche heute. Das heisst: Je heiliger wir leben, umso mehr dienen wir Jesus Christus und der Kirche.

    Zweitens: Vergebung und Neuanfang haben die Apostel an Ostern erfahren. Als ihnen überraschend der Auferstandene begegnet ist, sind sie erstaunt und erschrocken. Sie haben ein schlechtes Gewissen, weil sie Ihn im Stich gelassen hatten. Darum sagt Jesus zweimal zu ihnen: „Friede sei mit euch!“ Damit vergibt Er ihnen. Anschliessend gibt Er ihnen den Auftrag, Seine Vergebung allen zu bringen, die ehrlich bereuen und umkehren wollen: „Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten“ (Joh 20,22-23). Erstaunlich: Jesus bindet sich selbst an das Tun der Apostel: Wem ihr in der Kraft des Heiligen Geistes die Vergebung zusprecht, dem vergebe ich und wem nicht, dem vergebe auch ich nicht. In den Sakramenten bindet sich Jesus an das Tun der Geweihten, die in Seinem Namen wirken. So ist den Priestern der Dienst der Versöhnung explizit durch die Weihe übertragen worden. Durch sie möchte Jesus in besonderer Weise Sein Verzeihen und Seinen Frieden den Menschen schenken. So hat es die Kirche von Anfang an verstanden.
     
    Weil es keine rein privaten Sünden gibt, vermittelt der Priester, als Stellvertreter Jesu Christi und als Stellvertreter der Gemeinde, (der Kirche) die Vergebung, indem er im Auftrag Jesu und der Kirche von Sünden losspricht. Denn beide, – Jesus Christus und zugleich die Gemeinschaft der Gläubigen, die Kirche – werden durch jede Sünde verletzt und bedürfen der Heilung.

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  • 10. Ist Gott barmherzig oder gerecht?

    Paulus schreibt: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater des Erbarmens und Gott allen Trostes“ (2 Kor 1,3). Und: „Gott aber, der reich ist an Erbarmen, hat uns, die wir infolge unserer Sünden tot waren, in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, zusammen mit Christus lebendig gemacht. Aus Gnade seid ihr gerettet“ (Eph 2,4-5). Die Psalmen und viele weitere Texte aus dem Alten Testament rühmen die unfassbar grosse Barmherzigkeit Gottes. Dass der heilige und allmächtige Gott sich der selbstverschuldeten Not des Menschen annimmt, sich herab neigt und, obwohl der Mensch gerechte Strafe verdient hätte, immer wieder verzeiht, das übersteigt die Vorstellung der Menschen.
     
    Diese Barmherzigkeit bezeugt auch der Prophet Hosea: „Mein Volk verharrt in der Abkehr; sie rufen zu Baal, dem Hohen, doch der kann sie nicht hochbringen. Wie könnte ich dich preisgeben, Efraim, wie dich ausliefern, Israel? … Gegen mich selbst wendet sich mein Herz, heftig entbrannt ist mein Mitleid. Ich will meinen glühenden Zorn nicht vollstrecken und Efraim nicht noch einmal vernichten. Denn ich bin Gott, nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte.“ (Hos 11,7-9). Gott hält in Seiner Barmherzigkeit Seinen gerechten Zorn zurück, um den Menschen die Chance der Bekehrung zu geben.

    Der grösste Moment der Barmherzigkeit Gottes zeigt sich am Kreuz Jesu. Dort hat Er alles getan, um alle Menschen zu retten. Jesus sagt: „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen“ (Joh 12,32). Bedingungslos will Jesus vom Kreuz her allen, die zu Ihm kommen, Sein Verzeihen schenken.
     
    Am Kreuz erweist uns Gott Seine unendliche Barmherzigkeit und übertrifft damit Seine Gerechtigkeit. Doch das darf nicht dazu führen, einfach zu tun, was man will. „So kann man nicht aus sentimental missverstandener Barmherzigkeit gegen elementare Gebote der Gerechtigkeit verstossen. Man kann nicht aus Scheinbarmherzigkeit zur Abtreibung raten oder dazu Beihilfe leisten, wenn die Geburt eines behinderten Kindes, der Mutter oder dem Kind zumutbar erscheint. Ebenso wenig kann man aus Mitleid mit einem unheilbar Kranken, um ihn von seinen Schmerzen zu ‚erlösen‘, aktive Beihilfe zum Suizid leisten“ (Walter Kardinal Kasper: Barmherzigkeit Grundbegriff des Evangeliums-Schlüssel christlichen Lebens. S. 147. Verlag Herder 2012). Denn Gott in Seiner Liebe nimmt unsere menschliche Freiheit radikal ernst. So ist der barmherzige Gott nicht einfach der liebe Gott, der vor unseren Bosheiten und Nachlässigkeiten wegschaut und sie einfach übersieht.

    Paulus sagt: „Das ist es, was Gott will: eure Heiligung“ (1 Thess 4,3a). Gott in Seiner Liebe will uns in dieser irdischen Lebenszeit wandeln und heiligen. Dazu braucht Er unseren Entschluss. Je entschiedener wir den Weg des Evangeliums, und damit den Weg der Umkehr gehen, desto mehr kann uns Gottes Liebe von allem Egoismus reinigen und befreien. Damit wird unser Leben fruchtbar, denn Gott kann nun Sein Heil mehr und mehr durch uns in diese Welt einströmen und zum Segen werden lassen.

    Wer nun bewusst den Weg der Umkehr und der Heiligung des Lebens aufschiebt – weil Gott doch so barmherzig sei – betrügt sich selbst und wird der Gerechtigkeit Gottes begegnen. Er bringt sich selbst und Andere um Heil und Segen und wird erfahren: der Heilige Gott lässt nicht mit sich spielen. Gott nimmt unsere Entscheidungen mit den Folgen, die sich daraus ergeben, radikal ernst. Wo wir dem Weg der entschiedenen Hingabe und der Liebe, dem Weg zur Heiligkeit ausweichen, wird dies nicht einfach „zugedeckt“. Die dadurch versäumte Heiligung und Reinigung, in der sich Gottes Gerechtigkeit zeigt, werden uns nach dem Tod durch Gottes Barmherzigkeit im Fegfeuer (lateinisch purgatorium) erwiesen.
     
    Ein Bild kann das verdeutlichen: Die Sonne mit all ihrem Licht kann nur durch ein reines Fenster strahlen. Selbst ein winziges Schmutzpartikel am Fenster bewirkt, dass das Licht der Sonne dadurch «eingefangen» und es dort «brennend heiss» wird, weil das Licht nicht durchfluten kann. So ähnlich geschieht es mit uns: Selbst die kleinste Unreinheit und Lieblosigkeit, die wir noch behalten möchten, lässt uns den Glanz und die Herrlichkeit Gottes nicht aushalten. In Gott, der durch und durch Liebe ist, kann kein Quäntchen Egoismus bestehen bleiben. Damit Gottes Liebe in uns zum atemberaubenden Glück wird, muss der Egoismus in uns überwunden sein.
     
    Wenn wir am Ende unseres Lebens im Licht der Liebe Gottes erkennen, wo und wie wir Seine Liebe (Seine Gnade) zurückgewiesen haben und welche negativen Folgen dies für uns und für viele andere hatte, dann wird dies in uns einen unsäglichen Schmerz auslösen. Dieser Schmerz im Fegfeuer ist nach Ansicht vieler Heiligen viel grösser als die Leiden hier auf der Erde. Und zudem bewirkt die Reinigung dort anderen Menschen kein Heil mehr, während die Reinigung hier, uns und anderen zum Segen wird.

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  • 11. Was ist eine Todsünde und was eine lässliche Sünde?

    Johannes schreibt: „Es gibt Sünde, die zum Tod führt… Jedes Unrecht ist Sünde; aber es gibt Sünde, die nicht zum Tod führt“ (1 Joh 5,16-17). Sünde sondert immer von Gott ab. Sünde trennt immer von der Liebe, jedoch nicht immer in gleichem Ausmass. Die lässliche (leichte) Sünde, vielleicht besser Wundsünde genannt, ist eine kleine Verletzung, die Todsünde eine tödliche Verletzung.
     
    Bei der Sünde, die zum Tod führt, geht es um das Schlimmste, was möglich und vorstellbar ist, nämlich um die endgültige Trennung von Gott, in der Hölle. Die sogenannte Todsünde ist eine reale und ernstzunehmende Möglichkeit des Menschen. „Eine Todsünde ist jene Sünde, die eine schwerwiegende Materie zum Gegenstand hat und die dazu mit vollem Bewusstsein und bedachter Zustimmung begangen wird!“ (KKK 1857) Zu einer Todsünde ist der Mensch fähig, wenn diese drei Dinge zutreffen: Eine wichtige, schwerwiegende Sache (Materie) wird in vollem Bewusstsein (mit klarer Einsicht) und in freier Entscheidung (freiem Willen) vollzogen. Zur Todsünde gehört, dass sich der Mensch in einem bewussten Schritt von Gott abwendet und bei dieser Verhärtung bleibt.

    Ein Beispiel: Ist es eine Todsünde, wenn viele Gläubige am Sonntag nicht regelmässig in die Kirche gehen? Eine schwerwiegende Sache ist es schon, wenn man für Gott und die Gemeinschaft der Kirche keine Zeit mehr hat oder anderes vorgezogen wird. Aber oft fehlt es hier an der Einsicht in den grossen Wert der Eucharistie und der christlichen Gemeinschaft.
    Von der Materie, von ihrem Gegenstand her, ist es oft schwierig zu definieren, ob eine Tat eine schwere oder nur lässliche Sünde war. Traditionell werden Ehebruch (Verstoss gegen die Ehe), Mord (Verstoss gegen das Leben) oder Apostasie (Glaubensabfall) genannt. Doch auch Vergehen gegen die Liebe, Ehre, Wahrheit und Eigentum können je nach Situation eine schwere Sünde sein.
     
    Augustinus schreibt: „Halte aber diese Sünden, die wir als leicht bezeichnen, nicht für harmlos. Falls du sie für harmlos ansiehst, wenn du sie wägst, zittere, wenn du sie zählst. Viele kleine Dinge bilden eine grosse Masse; viele Tropfen füllen einen Fluss; viele Körner bilden einen Haufen. Welche Hoffnung haben wir also? Zuerst das Bekenntnis!“ (vgl. KKK 1863)

    Denn auch eine lässliche Sünde (Wundsünde), wie jede Absonderung von Gott in Gedanken, Worten und Taten, verwundet und schwächt die Liebe und Gottesfreundschaft in uns. Auch die kleinste Sünde schwächt oder blockiert das Heilwerden, den Prozess der Heil(ig)ung. Deswegen die Frage: Wie kann meine Liebe zu Gott und zu den Menschen wachsen? Wie kann mein Leben heil werden? Wie kann ich meine Lebensaufgabe noch treuer erfüllen? Wie kann mein Leben noch mehr an Heiligkeit und Ausstrahlung gewinnen? Von diesem Blickpunkt her, können wir das Busssakrament neu als Heilungssakrament entdecken. Zur Heilung des Lebens gehört auch die Stärkung unseres Willens gegen alle Formen des Bösen und die Absage einer Trennung von Gott und Seinem Weg.

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  • 12. Was ist die Sünde gegen den Heiligen Geist?

    Im Zusammenhang mit der Todsünde steht die Sünde gegen den Heiligen Geist. In allen drei synoptischen Evangelien ist von der Sünde (der Lästerung) gegen den Heiligen Geist die Rede: „Amen, ich sage euch: Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen; wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften“ (Mk 3,28-29). Die Sünde gegen den Heiligen Geist besteht darin, dass ein Mensch sich trotz besserer Einsicht den Impulsen des Heiligen Geistes zur Umkehr widersetzt. Damit lästert er Ihn. Und wer in dieser Lästerung, in diesem Nein zu Seinen Impulsen verharrt, dem kann Gott nicht vergeben, weil der Mensch nicht umkehrt. Deshalb bleibt „seine Sünde ewig an ihm haften“.
     
    Solange ein Mensch lebt, wird Gott bis zur letzten Sekunde des Lebens diesem Menschen nachgehen und ihn einladen: „Komm, lass dich lieben! Komm, nimm an, was mein Sohn am Kreuz für dich getan hat!“

    Wenn jemand Gott erkennt und liebt und zu Ihm kommen möchte, ihn aber die Angst plagt, er könnte eine Sünde gegen den Heiligen Geist begangen haben, hat diese Sünde nicht getan. Denn Gottes Liebe ist immer grösser, als alle möglichen Fehler und Sünden. Der Heilige Geist führt uns dahin, dieser grenzenlosen Barmherzigkeit zu vertrauen. 

    Thérèse von Lisieux bezeugte dieses Vertrauen so: „Ich fühle es: Auch wenn ich alle Verbrechen der Welt auf meinem Gewissen hätte, ich würde nichts von meinem Gottvertrauen verlieren. Mit einem von Reue gebrochenen Herzen würde ich mich in die Arme meines Heilands werfen. Er liebt den verlorenen Sohn, und ich habe die Worte gehört, die er zu Magdalena, zur Ehebrecherin und zur Samariterin gesprochen hat. Nein, niemand vermag mir Furcht einzujagen. Ich weiss Bescheid über Seine Liebe und Barmherzigkeit“ (Beierle, Theophan: Ein Weg für alle – Therese von Lisieux. S. 18. Kaffke-Verlag. Aschaffenburg 1985).

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  • 13. Was sind die Kirchengebote?

    Die Kirche hat zur Ausformung und Konkretisierung des Hauptgebotes fünf sogenannte Kirchengebote erlassen (vgl. KKK 2041-2043). „Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft. Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Mk 12,29-31). Die Kirchengebote wollen das Wachstum der Liebe zu Gott und zum Nächsten fördern. Sie sind ein Anstoss gegen die Gefahr, der sich leicht einschleichenden Bequemlichkeit und Oberflächlichkeit, und wollen helfen, das Feuer der Liebe im Herzen zu bewahren.

    1. Das Sonntagsgebot
    Du sollst an Sonn- und Feiertagen der heiligen Messe andächtig beiwohnen. Das Sonntagsgebot hat den Ursprung im dritten der zehn Gebote, in der Heiligung des Sabbats, aus dem sich für uns Christen die Heiligung des Sonntages entwickelt hat. Dazu gehört auch, am Sonntag keine Arbeit und Tätigkeiten zu verrichten welche die Heiligung dieses Tages beeinträchtigt. 
    Das Sonntagsgebot will uns helfen zum Reifen in der Liebe zu Jesus Christus und zur Gemeinde, die Sein Leib ist. Wir kommen zusammen, um Gott zu ehren, uns von Jesus stärken zu lassen und um einander zu begegnen. Da ist es ein Segen, wenn wir uns eines Tages bewusst dazu entscheiden: Priorität bei der persönlichen Sonntagsgestaltung hat die Feier der Eucharistie. Eine solche Ritualisierung in der Lebensgestaltung erweist sich als grosser Segen.

    2. Beichte – einmal im Jahr
    Wörtlich heisst das Gebot: Du sollst deine Sünden jährlich wenigstens einmal beichten. Auch wenn nach den Weisungen der Kirche diese Verpflichtung nur bei schweren Sünden besteht, ist es gut, das Busssakrament mindestens jährlich (noch besser häufiger) zu empfangen. Denn Sünde ist Sünde und verletzt und schwächt das Leben des Heiligen Geistes in uns. Von der Liturgie her ist der ideale Zeitpunkt die Fastenzeit, die vierzigtägige Zeit der Umkehr und Erneuerung.
    Dieses Gebot will helfen, dass wir uns wenigstens einmal im Jahr ganz bewusst mit unserem Leben auseinandersetzen und es vor dem Angesicht Gottes prüfen. Dabei sind wir eingeladen, mit einem entschiedenen Schritt der Umkehr, nach Möglichkeit mit dem Empfang des Busssakramentes, diese Umkehr und Erneuerung zu vollziehen.

    3. Osterkommunion
    Wörtlich heisst das Gebot: Du sollst wenigstens zur österlichen Zeit sowie in Todesgefahr die heilige Kommunion empfangen. Diese Weisung der Kirche kommt aus einer Zeit, wo ganz selten die heilige Kommunion empfangen wurde. Da musste klar darauf hingewiesen werden, dass die Eucharistie eine geistliche Nährkraft ist, die uns aufbaut, schützt und stärkt. Heute ist es vielerorts üblich, dass fast alle Gottesdienstbesucher die heilige Kommunion empfangen, manchmal mit wenig Vorbereitung und ohne die Grösse und Heiligkeit dieses Schrittes zu bedenken. Da könnte diese Weisung auch dahingehend ausgelegt werden, dass es einmal im Jahr angebracht ist, sich tiefer mit dem zu befassen, was wir in der Eucharistie feiern.

    4. Die Gebot- und Fastentage einhalten
    Wörtlich heisst das Gebot: Du sollst die gebotenen Fasttage halten. Jede Religion kennt das Fasten. Jesus selbst hat 40 Tage in der Wüste gefastet. Für ihn war selbstverständlich, dass das Fasten auch zu Seiner Nachfolge dazugehört. „Wenn ihr fastet, dann macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler!“ (Mt 6,16)
    Die Kirche kennt zwei offizielle Fast- und Abstinenztage: den Aschermittwoch (Beginn der österlichen Busszeit) und den Karfreitag, den Todestag Jesu. Abstinenz bedeutet auf Fleisch zu verzichten. Fasten heisst, an diesem Tag nur eine sättigende Mahlzeit zu sich zu nehmen. Das Abstinenzgebot gilt für alle ab 14 Jahren, das Fastengebot ab 18 Jahren bis zum 60. Lebensjahr. Das Fasten soll uns auf die liturgische Feier vorbereiten und uns helfen, dass wir die Herrschaft über unsere Triebe und die Freiheit des Herzens erringen. (KKK 2042)
    Der Freitag ist der Tag, an dem Jesus für uns gestorben ist. Diese grosse Liebe sollen wir nicht vergessen und darum sind wir eingeladen, jeden Freitag in der Erinnerung an Sein Leiden und Sterben ein kleines Opfer zu bringen.

    5. Finanzielle Unterstützung der Kirche
    Im Alten Testament lesen wir, dass die Israeliten jeweils den ersten Teil der Ernte, den Zehnten in den Tempel brachten. Damit halfen sie mit, dass die Leviten und Priester ihren Dienst im Tempel vor Gott verrichten konnten.
    Heute hat dieser materielle Beitrag bei uns die Form der Kirchensteuer angenommen. Wörtlich heisst das Gebot: Die Gläubigen sind verpflichtet, ihren Möglichkeiten entsprechend zu den materiellen Bedürfnissen der Kirche beizutragen. Viele unterstützen über die Kirchensteuer hinaus, die Arbeit im Reich Gottes mit dem sogenannten Zehnten und erfahren, dass auf dieser Grosszügigkeit ein grosser Segen liegt.

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  • 14. Was bedeutet Exkommunikation?

    „Als Exkommunikation bezeichnet man die Folge einer Handlung, durch die eine einzelne Person zeigt, dass sie sich als nicht mehr zur Kirche gehörig betrachtet bzw. nicht gewillt ist, eine grundlegende Glaubenswahrheit anzuerkennen. … Eine solche Handlung ist z.B. die Entweihung der eucharistischen Gaben, die Verletzung des Beichtgeheimnisses oder das Vornehmen einer Abtreibung. In der Praxis bedeutet das z.B., dass jemand der (ungeborenes) Leben tötet, so eklatant gegen die Lehre der Kirche vom Wert des menschlichen Lebens verstossen hat, dass er, bzw. sie, sich selbst ins Out gestellt hat. Das Verhältnis zwischen der Person und der Kirche ist also zutiefst zerstört und bedarf der Wiederherstellung. Das ist eine Funktion der sakramentalen Beichte“ (Wessely, Christian: Einfach Katholisch. 2010 Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck. S. 92). 

    Im Kirchenrecht gibt es zwei Arten der Exkommunikation: die Exkommunikation als Tatstrafe und als Spruchstrafe. Bei der Tatstrafe erfolgt die Exkommunikation automatisch, z.B. bei Abtreibung oder Häresie. Die Spruchstrafe wird nach einem Verwaltungsverfahren oder gerichtlichen Prozess, vom Bischof verhängt. Für alle gilt: Exkommunizierte dürfen keine Sakramente empfangen. Der Ausschluss aus der Gemeinschaft ist nicht endgültig, sondern kann zurückgenommen werden.

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  • 15. Was bedeutet Ablass und wie kann ein Ablass uns und anderen dienen?

    Das lateinische Wort für Ablass, «indulgentia», bedeutet ursprünglich Nachsicht, Güte und Zärtlichkeit. Beim Ablass geht es um eine Art und Weise, wie die Erlösung Jesu Christi in und durch die Kirche wirksam wird. Er ist ein Ausdruck des Erbarmen Gottes auf dem Weg der Heiligung.
     
    Papst Johannes Paul II. über den Ablass
    In der Generalaudienz von Mittwoch, 29. September 1999 sagte Papst Johannes Paul II. unter anderem über den Ablass: «Der gekreuzigte Jesus ist der große ‚Ablaß‘, den der Vater der Menschheit gewährt hat mit der Vergebung der Sünden und der Möglichkeit eines Lebens als Kinder Gottes im Heiligen Geist. … Dieses göttliche Geschenk wartet darauf, daß der Mensch es dankbar annimmt. … Auf der einen Seite wird der Mensch im Sakrament der Buße von seinen Sünden freigesprochen. Der Genesungsprozeß ist eingeleitet. Auf der anderen Seite bleiben aber Wunden zurück, die sich erst nach und nach schließen und langsam heilen. Die Ablässe bezeichnen Schritte auf diesem Weg der vollständigen Heilung. Sie sind eine Art Medizin, je nach dem Maß, in dem sich der Mensch auf eine tiefe und ehrliche Umkehr einläßt.»

    Unterscheidung zwischen «Sünde» und «Sündenstrafe»
    Das Verständnis für den Ablass beruht auf der Unterscheidung der katholischen Lehre zwischen der «Sünde» selbst, die sofort vergeben werden kann, und den Wirkungen der Sünde, die auch nach der Vergebung anhalten und einer Aufarbeitung bedürfen. Da diese Nachwirkungen (Folgen) der Sünde nicht angenehm sind, werden sie in der Theologie auch «Sündenstrafen» genannt. Mit dem Wort «Sündenstrafe» ist nicht eine Strafe von Gott her gemeint, sondern eine Folge, die wir uns selbst durch unsere Sünde zugezogen haben. Diese besteht in der Anhänglichkeit, in der schädlichen Bindung an den Reiz der Sünde, welche durch die Sünde entstanden ist und auch nach der Vergebung der Sünde an uns noch «klebt». Davon müssen wir gänzlich losgelöst werden.
    Eine Sünde hat noch weitere schädliche Folgen. Zum besseren Verständnis zwei Beispiele: Erstens: Ein Kind ist wütend über eine Anweisung der Mutter und schüttet aus Zorn den Abfalleimer um. Die Mutter vergibt dem Kind. Trotzdem muss noch der Abfall entsorgt und die schmutzigen Spuren auf dem Teppich entfernt werden. 
    Zweitens: Jemand zündet aus Wut das Haus seines Nachbarn an. Anschliessend bereut er diese Tat und bittet Gott und den Nachbarn um Verzeihung. Er erhält die Vergebung, doch damit ändert sich nichts an der Realität des zerstörten Hauses. Auch kann trotz der Vergebung im Nachbarn und auch in seinem eigenen Herzen eine Wunde, eine schmerzende Erinnerung zurückbleiben. Die Folge der Sünde bleibt trotz Vergebung bestehen. Zu echter Umkehr gehört, dass der Mann alles unternimmt, den Schaden wieder gut zu machen. So wird er alles Mögliche unternehmen, damit das Haus seines Nachbarn wieder aufgebaut wird und dass der entstandene Schmerz in seiner Seele heilen kann. Dabei wird er auch andere Personen brauchen, die ihm dabei helfen.
    Beim Ablass geht es darum, dass wir als Gemeinschaft der Kirche – in geistlicher Weise durch Gebet und persönliche Umkehr – einander beim «Wiederaufbau» und der Heilung des durch unsere Sünden entstandenen Schadens unterstützen. Beim Ablass geht es also nicht um Vergebung der Sünden, sondern um den Weg der Heiligung nach der empfangenen Vergebung. Wird diese Heiligung in diesem Leben verfehlt, ist eine vorübergehende Reinigung nach dem Tode (Fegfeuer) unumgänglich, damit eine Seele zur Anschauung Gottes im Himmel gelangen kann.

    Die Praxis der «Busse» in der frühen Kirche
    Zum besseren Verständnis kann ein kurzer Blick in die Geschichte helfen. Das frühe Christentum lebte in der Überzeugung, dass der bewusste Umkehrweg, der durch das meist mehrjährige Katechumenat führte, eine grundlegende und dauerhafte Veränderung des Lebens mit sich bringe. Diese Neuausrichtung (Umkehr) wurde in der Taufe feierlich vollzogen und gefeiert. Nun ging man davon aus, dass nach der Taufe der Mensch nicht mehr schwer sündigen werde. Doch dies war nicht der Fall. Etliche verleugneten den Glauben aus Angst vor Verfolgung und dem Martyrium oder fielen in andere schwere Sünden. Was nun? Ist eine zweite oder gar mehrfache Vergebung möglich?
    Als Antwort darauf entstand die öffentliche Busse mit anschliessender Vergebung im Busssakrament. Der Bischof als Leiter der Gemeinde legte zuerst dem Sünder, als Zeichen der ernst gemeinten Umkehr, meist eine strenge Busse auf, gewöhnlich in Form eines längeren Fastens und eines zeitweiligen Ausschlusses von der Eucharistie oder sogar aus der christlichen Gemeinde. Diese Busse diente der Umkehr. War diese Busse (Wiedergutmachung) absolviert, wurde der Büsser feierlich durch den Bischof (meist am Gründonnerstag) wieder in die Gemeinde aufgenommen und erhielt darin die Vergebung Gottes und die Vergebung der Gemeinde. Dieser «Bussweg» wurde von der Gemeinde mitgetragen.
    So konnten – z.B. bei der Sünde des Glaubensabfalls – sogenannte Bekenner, die standhaft geblieben sind und deswegen Leiden ertragen haben, für die Schwachgewordenen einen Nachlass oder eine Erleichterung der Busse erbitten. Dadurch konnte die strenge Busse gemildert werden, was als Ablass verstanden werden kann. 
    Später entstand die Privatbeichte, die sich ab dem 6. und 7. Jahrhundert verbreitete. In der Folge kam es dann zur heute üblichen Praxis, dass zuerst die sakramentale Vergebung empfangen wird und anschliessend der Weg der Wiedergutmachung, der Busse, kommt.

    Wir alle sind Glieder am einen Leib Christ
    In der Beichte empfangen wir also zuerst die Vergebung unserer Schuld vor Gott, anschliessend verrichten wir die uns aufgetragene Busse. Damit werden wir an unsere Verantwortung erinnert, uns den Folgen unserer Sünden zu stellen, und versuchen sie wiedergutzumachen.
    Bei dieser Wiedergutmachung können wir als Kirche einander zur Seite stehen, denn durch den Heiligen Geist sind wir als Glieder miteinander im Leib Christi auch über den Tod hinaus verbunden. Diese geistliche Verbindung kann der leibliche Tod nicht zerstören. So sind wir gerufen uns aus Liebe füreinander einzusetzen, einander die Lasten tragen zu helfen und füreinander zu beten, bis alle ihr ewiges Ziel in Gott erreicht haben.
    Dazu können wir die geistliche Hilfe der Kirche, deren Haupt Jesus Christus ist, in Anspruch nehmen und auf ihre Einladung hin «einen Ablass gewinnen», einen Teilablass oder einen vollkommenen Ablass. Ein Ablass kann persönlich für sich gewonnen oder einem Verstorbenen zugewendet werden. Verstorbene, die noch der Läuterung bedürfen, erfahren durch diese «Zuwendung des Ablasses» Hilfe auf ihrem Weg zum vollen Heil in Gott.

    Teilablass und vollkommener Ablass
    Die Kirche spricht von einem Teilablass oder einem vollkommenen Ablass. Ein Teilablass ist ein teilweiser Erlass der Sündenfolgen, ein vollkommener Ablass ist der Erlass sämtlicher bisheriger Sündenfolgen. Wie vollkommen der Ablass in seiner Wirkung bei uns ist, hängt davon ab, wie vollkommen unsere Offenheit für Gott ist, denn die geistliche Vorbedingung zum Erlangen des vollkommenen Ablasses besteht im Freisein von der Neigung zu irgendeiner (und sei es auch nur einer lässlichen) Sünde. 
    Bei der Gewinnung eines Ablasses geht es um einen Weg des Gehorsams. So legt die Kirche fest, wo und wie ein Ablass empfangen werden kann. Dazu gehört in der Regel ein bestimmtes gläubiges Werk (z.B. eine Wallfahrt, ein Kirchen- oder Grabbesuch, ein spezielles Gebet) sowie bei einem vollkommenen Ablass die sakramentale Beichte, der Empfang der heiligen Kommunion, ein Gebet nach Meinung des Heiligen Vaters, das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis und das Ave Maria sowie Taten der Umkehr und der Nächstenliebe. Es geht also wesentlich um die Erneuerung und Vertiefung der eigenen Umkehr, die immer auch der ganzen Kirche zugutekommt.

    Ausdruck der Gemeinschaft mit der ganzen Kirche
    Weil der Glaube, auf den wir getauft sind, ein Geschenk ist, das wir anderen verdanken und auf historischen Ereignissen beruht, empfiehlt uns die Kirche, eine Wallfahrt (Besuch einer Kirche) ins Heilige Land, nach Rom, zu den Gräbern der Apostel, zu einer Kirche, die als religiöses Zentrum in unserer Heimat gilt, … zu machen. Das Unterwegssein zu einem Ort, wo unsere gläubigen Vorfahren gebetet haben, ist ein sichtbarer Ausdruck für die grosse Gemeinschaft der Kirche. Das Gebet «nach der Meinung des Heiligen Vaters» weitet unseren Blick über die persönlichen Anliegen hinaus auf die Gemeinschaft der Weltkirche und die Anliegen der Menschheit.
    So ist der Ablass eine Form des Fürbittgebetes. Im Gewinnen eines Ablasses geben wir uns in die solidarische Gemeinschaft der Kirche hinein und erbitten eine Heiligungsgnade für uns selbst oder für eine verstorbene Person. Die Kirche, der der Herr die Verwaltung Seiner Gnade anvertraut hat, bittet den Herrn, diese Gnade zu gewähren.

    Konkrete Hinweise
    Ein Ablass kann durch verschiedene Werke, an vielen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten gewonnen (erlangt) werden. An den speziellen Orten werden jeweils die konkreten Bedingungen genannt.1) 
    Zum Ablass im Heiligen Jahr 2016 liess Papst Franziskus auf der ganzen Welt «Pforten der Barmherzigkeit» öffnen. Doch betonte er, dass mit dem Durchschreiten auch die klassischen Voraussetzungen für die Gewinnung eines (vollkommenen) Ablasses erfüllt werden müssen.

    • Empfang des Busssakramentes und der hl. Kommunion
    • Glaubensbekenntnis und ein Gebet in der Meinung des Heiligen Vaters
    • Fester Vorsatz, nach dem Willen Gottes zu leben und jede Sünde zu meiden

    Papst Franziskus: «Es ist wichtig, dass dieser Moment vor allem mit dem Sakrament der Versöhnung und der Feier der heiligen Eucharistie einschliesslich einer Reflexion über die Barmherzigkeit verbunden ist. Es wird nötig sein, dass diese Feiern das Glaubensbekenntnis ebenso umfassen wie das Gebet für mich und für die Anliegen, die mir am Herzen liegen zum Wohl der Kirche und der ganzen Welt.»

    1) Auf der Seite kath-zdw.ch/maria/ablass.html sind diverse Ablässe der katholischen Kirche und die jeweiligen Bedingungen aufgeführt.

    Fragen und Antworten herunterladen (PDF)
  • 100. Jesus spricht Vergebung zu: Busssakrament – neu anfangen (Video-Vortrag)

    Sehen Sie zu diesem Thema das Video vom 5. Vortrag aus dem Glaubenskurs «Sakramente – Christus in Heiligen Zeichen begegnen»

  • 101. Umkehr zum Leben: das Busssakrament (Video-Vortrag)

    Sehen Sie zu diesem Thema das Video vom 5. Vortrag aus dem Glaubenskurs «Sakramente – Christus in Heiligen Zeichen begegnen»