Fragen und Antworten zum Thema Tod und ...

  • 1. Man hört immer wieder von Menschen, die „klinisch tot“ waren und dann von Ärzten operativ wieder ins Leben zurückkehrten. Sie erzählen, unter anderem, dass sie „durch einen Tunnel“ gingen und einem wunderbaren Licht begegneten. Was ist davon zu halten?

    Drei Dinge können dazu gesagt werden:
    1. Diese Menschen haben die Schwelle des Todes nicht endgültig überschritten, sonst wären sie nicht mehr in dieses irdische Leben zurückgekehrt. Somit können solche Erfahrungen keine letztgültigen Aussagen vermitteln.
    2. Untersuchungen solcher Ereignisse zeigen, dass die Erlebnisse nicht einheitlich nur «schön» und «himmlisch» waren. Es gibt auch gegenteilige Erlebnisse. Dabei haben Menschen aus grosser Verzweiflung den Arzt gebeten, die Wiederbelebungsversuche fortzusetzen, weil sie zwischenzeitlich die Hölle gesehen hätten. Doch solche Erfahrungen werden heute meist verschwiegen.
    3. «Nah-Tod-Erfahrungen» können jedoch auch als Zeichen dafür verstanden werden, dass es eine Ewigkeit gibt und wir der Bibel vertrauen dürfen.

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  • 2. Werden im Himmel alle die gleiche Herrlichkeit haben?

    Zu dieser Frage kann uns ein Gedanke von Therese von Lisieux, der ihr in einem Gespräch mit ihrer Schwester Pauline bereits als Kleinkind aufgegangen ist, ein Stück weit weiterhelfen: «Einmal verwunderte ich mich darüber, dass Gott nicht allen Auserwählten im Himmel die gleiche Herrlichkeit verleihe, und ich fürchtete, dass nicht alle glücklich seien. Da hieß mich Pauline ‚Papas Glas' holen und es neben meinen winzigen Fingerhut stellen, und beide dann mit Wasser füllen. Darauf fragte sie mich, welches voller sei. Ich antwortete, sie seien gleich voll alle beide, und es sei unmöglich, mehr Wasser hineinzugießen, als sie fassen könnten. Meine geliebte Mutter gab mir hierauf zu verstehen, dass Gott seinen Auserwählten im Himmel so viel Herrlichkeit verleihen wird, als sie tragen könnten und so hätte der letzte dem ersten nichts zu neiden.» 
    Alle schwimmen im höchsten Glück, doch wir werden untereinander so verschieden sein wie die Verschiedenheiten der Blumen. Wir alle werden auf eine je originelle Weise das Abbild Gottes, zu dem wir persönlich geschaffen wurden, in alle Ewigkeit ausstrahlen.

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  • 3. Ist die Hölle ewig?

    Beim Konzil von Konstantinopel (543) stellte die Kirche gegenüber den Anhängern des Origenes klar, dass die Hölle kein begrenzter Zustand sei, nach dem es – im Sinn einer abgegoltenen Strafe – zu einer Versöhnung aller im Himmel käme.

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  • 4. Soll für abgetriebene Kinder gebetet werden?

    Für eine Mutter oder einen Vater, die ihr Kind abgetrieben haben, empfehle ich Folgendes:
    1. Gott und die Kirche wegen ihrer Schuld um Vergebung zu bitten und das Busssakrament zu empfangen.
    2. Das Kind als ihr Kind willkommen zu heissen, es um Vergebung zu bitten und sich darauf einzustellen, ihm in der Ewigkeit zu begegnen. Es wird in alle Ewigkeit ihr Kind sein.
    3. Es ist für das Kind ein Geschenkt, wenn es in die Gemeinschaft der Kirche, in die Würde des Volkes Gottes aufgenommen wird. Dazu soll das Kind der Erlösung Jesu Christi anvertraut werden, indem eine Messe für das Kind gelesen wird, bei dem die Eltern anwesend sind.

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  • 5. Können Arme Seelen erscheinen? Und wenn ja, was ist zu tun?

    Wir können nicht alles logisch einordnen, was zwischen Zeit und Ewigkeit passiert. So reden verschiedentlich Menschen von eigenartigen Wahrnehmungen mit Armen Seelen oder von Träumen mit verstorbenen Angehörigen. Manchmal können sich Arme Seelen bei gläubigen Angehörigen auf eine Art «bemerkbar» machen. Solche Erfahrungen können echt sein und darauf hinweisen, dass diese Armen Seelen noch des Gebetes bedürfen, bis sie ganz erlöst werden. Da ist das Gebet für sie und die Feier der Eucharistie zu empfehlen.

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  • 6. Was ist unter dem Fegfeuer zu verstehen?

    Paulus gibt in einem Bild klärende Hinweise, worum es beim Fegfeuer geht. Er spricht zwar nicht direkt vom Fegfeuer, sondern vom Feuer des Gerichtes. Paulus schreibt an die Gemeinde von Korinth, an Frauen und Männer, die in der Taufe, Christus in einer persönlichen Entscheidung als Fundament ihres Lebens angenommen haben: „Denn einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus“ (1 Korinther 3,11).
    Das Fundament ihres Christseins ist gelegt. Die Frage ist nun: Wie leben sie nach der Entscheidung weiter? „Ob aber jemand auf dem Grund mit Gold, Silber, kostbaren Steinen, mit Holz, Heu oder Stroh weiterbaut…“ (1 Korinther 3,12). Gold, Silber und kostbare Steine als feuerfeste Materialien weisen auf Werke der Liebe, auf Werke, die dem Geist Jesu entsprechen, hin. Es gibt aber auch Materialien, die im Feuer nicht bestehen können. Sie weisen auf ein Leben hin, in dem Bequemlichkeit, Oberflächlichkeit, Lauheit, Egoismus und Sünde das Wirken des Geistes Jesu Christi behindern. So entscheidet der Mensch über sein weiteres Leben.
     
    Doch am Ende eines jeden Lebens zeigt sich alles: „…das Werk eines jeden wird offenbar werden; jener Tag wird es sichtbar machen, weil es im Feuer offenbart wird. Das Feuer wird prüfen, was das Werk eines jeden taugt. Hält das stand, was er aufgebaut hat, so empfängt er Lohn. Brennt es nieder, dann muss er den Verlust tragen“ (1 Korinther 3,13-15a). Das heisst: Nur das wird für immer Bestand haben, was aus dem Geist der Liebe heraus gewirkt wurde. Hat der Mensch egoistisch, nach seinen eigenen Vorstellungen gelebt, so wird sein Werk, auch wenn es in dieser Welt vielleicht beklatscht und bejubelt wurde, in sich zusammenfallen. Am Ende wird er sagen müssen: „Es war umsonst. Schade, habe ich die Chance meines Lebens vertan! Ja vielleicht habe ich sogar mehr geschadet als genützt.“ Dies wird der Verlust sein, den er tragen muss.
    Und jetzt kommt die Gnade Gottes: „Er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durch Feuer hindurch“ (1 Korinther 3,15b). Das Werk geht verloren, doch die Person selbst wird gerettet werden. Allerdings „Gerettet wie durch Feuer hindurch“. Sie erlebt also einen Läuterungsprozess. Das ist ein Ansatzpunkt für das, was unter Fegfeuer verstanden wird. Es kann als der schmerzhafte Teil des Gerichtes Gottes verstanden werden. Die offiziellen Texte der Kirche reden darum nicht von Fegfeuer, sondern von Purgatorium, was „reinigendes Wirken“ besagt.
    Fegfeuer ist also keine zweite Chance für diejenigen, die Gott zurückgewiesen und ein Leben in der Sünde gelebt haben. Es ist auch nicht eine Art von Sicherheitsnetz für Menschen, die sterben, ohne sich bekehrt zu haben. Das Fegfeuer ist vielmehr ein Zeichen der Barmherzigkeit Gottes für diejenigen, die versucht haben, Gott zu erkennen und Seinen Willen in ihrem Leben zu tun, und die dann im Augenblick des Todes noch nicht ganz rein sind. 
    Fegfeuer ist eine Weise, wie die Erlösung Jesu Christi konkret wirksam und einem Menschen zuteil wird. Wenn jemand in einer gewissen Bindung an die Sünde stirbt, muss diese gelöst werden. Es muss eine Reinigung geschehen, bevor der Mensch Gott von Angesicht zu Angesicht schauen kann.
     
    Wenn wir am Ende unseres Lebens im Licht der Liebe Gottes erkennen, wie wir Seine Liebe zurückgewiesen haben und in Sturheit und Egoismus verharrt sind, wenn wir erkennen, welche negativen Folgen dies für uns und für viele andere hatte, dann wird dies in uns einen unsäglichen Schmerz auslösen. Dieser Reue-Schmerz wird reinigende Wirkung haben. 
    Ein Bild kann das verdeutlichen: Die Sonne mit all ihrem Licht kann nur durch ein reines Fenster strahlen. Der kleinste Schmutzpartikel am Fenster hingegen bewirkt, dass das Licht der Sonne durch den Schmutz „eingefangen“ wird. Es wird dort „brennend heiss“, weil das Licht nicht durchfluten kann.
    So ähnlich geschieht es mit uns: Selbst die kleinste Unreinheit und Lieblosigkeit, die wir noch behalten möchten, lässt uns den Glanz und die Herrlichkeit Gottes nicht aushalten. Denn dies löst im Licht der Heiligkeit Gottes einen tiefen Schmerz aus. Solange noch Böses, Zwiespältiges, Bitteres, Egoistisches in uns da ist, können wir die gewaltige Liebe und Herrlichkeit Gottes nicht aushalten. In Gott, der durch und durch Liebe ist, kann kein Quäntchen Egoismus sich wohl fühlen. Damit Gottes Liebe in uns zum atemberaubenden Glück wird, muss der Egoismus in uns beendet sein.
    Fegfeuer meint somit die Reinigung von Sünde, Egoismus und Herzensenge. Erst, wenn die Liebe Gottes ganz durchscheinen und durchströmen kann, lebt der Mensch im Zustand des Himmels, im Zustand der allumfassenden Liebe, des grossen Festes, der ungetrübten Freude. So ist das Purgatorium ein grosses Geschenk. Es ist wie eine reinigende Dusche, die uns von allem Schmutz reinigt und bereit macht für das grosse Fest.
     
    Gottes Liebe will uns in dieser irdischen Lebenszeit ganz wandeln und heiligen. „Das ist es, was Gott will: eure Heiligung“ (1 Thessalonicher 4,3a). Von da her wird einsichtig, dass das Fegfeuer – die Reinigung und Heiligung unseres Herzens – zunächst eine Realität dieses irdischen Lebens ist. Nur dort, wo es nötig ist, wird die Reinigung erst nach dem Tod zum Abschluss kommen. Gottes Absicht ist es, uns in diesem Leben ganz zu heiligen. Doch dazu braucht Er unseren Entschluss.
    Was uns im Leben widerfährt, können wir von hier aus in einem neuen Zusammenhang sehen. Vieles von dem, was uns an Leid, Ärger, Ungerechtigkeit, Schmerzen und Verleumdung trifft, lässt Gott zu, um uns dadurch vom Egoismus und den „Schlacken“ der Sünde zu reinigen. So werden wir wie Edelsteine geschliffen und in mehr Liebe verwandelt. 
    Je entschiedener wir den Weg des Evangeliums gehen, desto mehr reinigt uns Gottes Liebe jetzt schon von allem Egoismus. Je mehr dies geschieht, umso fruchtbarer wird unser Leben und umso mehr kann Gott Sein Heil durch uns in dieser Welt einströmen und zum Segen werden lassen.
    So lädt uns gerade die Realität des Fegfeuers ein, ganz entschieden den Weg der Wahrheit und Liebe zu gehen! Dazu muss man sich manchmal gegen die Versuchung zur Trägheit, Bequemlichkeit, Oberflächlichkeit und Lauheit wehren. Die beste Art, das Fegfeuer zu vermeiden ist, jetzt keine Zeit zu verlieren, auf den entschiedenen Weg der Hingabe und der Liebe, den Weg zur Heiligkeit unseres Lebens zu gehen.
    Wer dies aufschiebt, täuscht sich selber. Er tut sich und den anderen einen „Bärendienst“. Denn der Schmerz im Fegfeuer ist – nach Ansicht vieler Heiligen – viel grösser als die Leiden hier auf der Erde. Augustinus behauptet sogar: „Das Feuer des Reinigungsortes ist schmerzhafter als die Qualen der Märtyrer.“ Und zudem bewirkt die Reinigung dort kein Heil mehr, während es hier uns und anderen zum Segen wird.

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  • 7. Welchen Sinn hat das Leben, wenn Menschen dement sind oder wenn sie todkrank sind, sterben möchten und lange nicht können?

    Da ist ein Vater schon zehn Jahre dement. Die Kinder lieben ihren Vater. Sie wollen ihm im Alter ihre Dankbarkeit zeigen, können jedoch kein Gespräch mehr mit ihm führen. Sie haben das Gefühl, vor einer fremden Person zu stehen. Das ist sehr schwer und sie fragen: Warum? Wozu soll das gut sein?
    Da ist eine junge Frau, Mutter von mehreren Kindern. Das Krebsgeschwür in ihrem Bauch ist riesig gewachsen und liess ihren Bauch anschwellen. Ihr Gesicht ist total verunstaltet und sie ist kaum mehr wiederzuerkennen. Sie will nur eines: möglichst bald sterben. Doch sie leidet und leidet. Es dauert lange, bis sie von ihrem Leiden erlöst wird. Ihr Mann, ihre Kinder und viele Angehörige fragen: Warum muss sie als junge Frau und Mutter so viel leiden, und weshalb kann sie nicht schneller sterben? Wozu soll das gut sein?
    Eine Tochter schrieb ihrer über 90-jährigen Mutter, die sterben wollte und bereits seit langer Zeit darauf wartete: Meine liebste Mama, Dein Sehnen nach der himmlischen Heimat kann ich so gut verstehen. Auch zerbricht es mir das Herz, wenn ich zusehen muss, wie du leidest und ich nichts anderes machen kann, als deine Hand zu halten. Mir ist dieser Text in die Hand gekommen und da musste ich an dich denken: „Solange uns Gott hier auf der Erde lässt, braucht uns jemand. Auch wenn ich hilfsbedürftig werde und andere brauche, brauchen diese Menschen auch mich, dass Gott mit ihnen zu seinem Ziel kommt.“ 
    Ich glaube, Gott lässt dich noch hier wegen uns. Die Zeit, die ich gerade in den letzten Wochen mit dir verbringen durfte, sind für mich (und ich denke für all deine Töchter mit Familie, Enkeln und Urenkeln) zu einem grossen Segen geworden. Gott braucht dich hier noch für uns. Er macht es gut und ich weiss, dass du zur richtigen Zeit in den Himmel nach Hause gehen darfst. Mami, ich habe dich ganz fest lieb und ich bin so dankbar für jeden Tag, den du noch da bist. In Liebe, deine Tochter Petra.

    Wir können vieles im Blick auf das Leben, auf das Leiden und den Tod nicht (oder nur ein Stück weit) verstehen. Das hängt auch damit zusammen, dass wir mit unserer irdisch-begrenzten Sichtweise Gottes Ewigkeitsperspektive nicht erfassen können. Doch Gott hat mit allem ein Ziel. Gott hat mit dem in unseren Augen unnützen und sinnlosen Leiden ein Ziel. Darum ist auch solches Leiden in Gottes Augen kostbar. Vielleicht braucht Gott das Leiden für das persönliche Seelenheil, meist aber noch viel mehr für das Heil anderer Menschen. 
    So ist die Art unseres Sterbens nicht immer Ausdruck unseres Lebens. Manche Heilige, sind schwer und leidvoll gestorben. Stellvertretend haben sie die Last anderer getragen. Für sie war das Ja zu diesem Sterben und Leiden ihr letztes Angebot, das zur Erlösung beizutragen, was ihnen noch möglich war. Ihr Sterben war ihre letzte grosse Liebestat. So besteht eine zentrale Wirkung der Krankensalbung auch darin, dass der Kranke befähigt wird, das eigene Leid mit dem Leiden Jesu zu verbinden und zum Heil der Welt zu tragen. (vgl. KKK 1521)

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  • 8. Was beinhaltet eine christliche Sterbebegleitung?

    Christliche Sterbebegleitung beinhaltet drei Richtungen: Zuerst geht es darum, der sterbenden Person die letzte Zeit ihres Lebens so würde- und liebevoll wie möglich zu gestalten. Dem dient vor allem auch die palliative Betreuung, wozu auch die stationären und ambulanten Hospizdienste gehören. 
    Die zweite Richtung schaut auf die Angehörigen: Diese sollen bei ihrer schweren Aufgabe, der sterbenden Person beizustehen, mit ihnen im Schmerz durchzuhalten, sie loszulassen und von ihr Abschied zu nehmen, Begleitung und Unterstützung erhalten. 
    In der dritten Richtung geht es darum, die sterbenden Person so gut wie möglich auf die Ewigkeit, auf die Begegnung mit Gott, vorzubereiten und dafür im Gebet einzustehen.

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  • 9. Wie „sieht“ christliches Sterben aus?

    Ein Spitalseelsorger erzählte einem Mann in den besten Jahren von seinen Erfahrungen mit Sterbenden. Besonders, so sagte er, beschäftigen ihn jene Patienten, die ihren bevorstehenden Tod verdrängen und nicht wahrhaben wollen, obwohl ihnen der medizinische Befund unmissverständlich mitgeteilt wurde. „Es lohnt sich daher“, so fügte er bei, „sich schon früh mit dem eigenen Sterben zu befassen.“ Darauf die Antwort des Mannes: „Nein, lieber noch nicht jetzt. Es wird früh genug sein, wenn es dann soweit ist.“
    Doch – wenn es dann soweit ist, ist es in den meisten Fällen nicht früh genug, sondern zu spät. Denn wer sich sein Leben lang gegen die Tatsache des eigenen Sterbens „erfolgreich“ gewehrt hat, wird wenig Erfahrung mitbringen, um tapfer ins eigene Sterben einzustimmen.

    Tod unausweichlicher Endpunkt… 
    Vielfach wird heute der Tod verdrängt, weggeschoben in Spital und Pflegeheime. Früher hingegen starben die meisten Menschen zuhause. Die Kinder erlebten damals den Tod der Grosseltern oft hautnah mit, da die Toten zuhause bis zum Tag der Beerdigung aufgebahrt wurden. Oft wurde um einen guten Tod, um eine selige Sterbestunde – „Vor einem plötzlichen und unvorhergesehenen Tod bewahre uns, o Herr!“ (Allerheiligenlitanei) – gebetet. Dies aus der Überzeugung heraus, dass das Sterben wesentlich zum Menschsein gehört und der Mensch im Sterben zu seiner grössten Reife gelangt.
    Bei einem plötzlichen Tod ist heute vielfach zu hören: „Er hatte einen schönen Tod“. Oder auch: „Er schlief ein, ohne etwas zu merken“. Dahinter steckt die Aussage: Wenn schon gestorben werden muss, dann möglichst schnell und ohne es richtig zu „merken“. Dabei werden vor allem auf die äusseren-irdischen Umstände geschaut und die inneren-geistlichen Dimensionen des Sterbens übersehen.

    … oder Zielpunkt des Lebens? 
    Wie das Ziel der Schwangerschaft die Geburt und das Leben in dieser irdischen Welt ist, so ist Sinn und Ziel des irdischen Lebens aus christlicher Sicht wesentlich Vorbereitung für die Ewigkeit. Dazu hat jeder Mensch eine Lebensaufgabe, eine ganz persönliche Berufung. Diese besteht einerseits in der Entwicklung als Mensch und andererseits in konkreten Aufgaben. Der wesentlichste Teil der Lebensaufgabe besteht darin, „himmelsfähig“, das heisst heilig, zu werden. Wir sollen wachsen in der Liebesfähigkeit und so reif werden für Gott und das Reich der Liebe.
    Die Zeit unseres irdischen Weges ist unterschiedlich lang. Einige sterben früher, andere später. Doch entscheidend ist nicht, wie lange wir leben und wie viel wir von dieser Welt „genossen“ haben, sondern der Zustand unserer „Ewigkeitsreife“. So war Therese von Lisieux mit 24 Jahren bereit und konnte den Tod mit den Worten begrüssen: „Ich sterbe nicht, sondern gehe zum Vater.“ 
    Der Tod wird dann zur „zweiten Geburt“, zum Tor in die Fülle des Lebens, zur Tür in die endgültige Dimension des Menschseins. Die Kirche betrachtet den Tod als Geburtstag in den Himmel. Deshalb feiert sie bei ihren Heiligen diesen Tag der Vollendung ihres Lebens. 

    In den Gehorsam, ins Ja Jesu, hineinsterben
    In gewisser Weise haben wir unseren Tod in der Taufe bereits vorweggenommen. Denn – indem „wir auf Christus Jesus getauft wurden“, sind wir „auf seinen Tod getauft worden“ (Röm 6,3). Da wir in der Taufe Jesus Christus als unseren Herrn und Erlöser angenommen haben, „starb“ dadurch unser Eigenwille in den Gehorsam Jesu hinein.
    Durch den Bund der Taufe leben wir mit Jesus Christus in einem wechselseitigen Sich-einander-Schenkens, in einem Mit- und Füreinander. Paulus schreibt: „Keiner von uns lebt sich selber, und keiner von uns stirbt sich selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder sterben, wir gehören dem Herrn“ (Röm 14,7-8). 
    Sterben bleibt immer Sterben und ist mit Bitterkeit, Angst und Ungewissheit verbunden. Die Art unseres Sterbens entspricht nicht immer der irdischen Lebensweise. So sind manche Heilige „schwer“, das heisst, in Dunkelheit und Ängsten gestorben. Stellvertretend haben sie die Last anderer getragen. Für sie war das Ja zu diesem Sterben ihr letztes Angebot, das zum Heil von Menschen beizutragen, was ihnen noch möglich war. Ihr Sterben war ihre letzte grosse Liebestat. 
    Der grosse Theologe Romano Guardini (1885-1968) schreibt in seinem Kreuzweg: „Und steht es einmal so mit mir, dass ich nichts mehr leisten kann und mich in der Welt unnütz fühle, dann kann ich in Wahrheit noch das Allerhöchste tun: Mit Dir zusammen still und opferfreudig mein Leiden, meine Ohnmacht, ja selbst mein Sterben für die anderen darbringen.“
    Bei uns steigt die Lebenserwartung jedes Jahr um einige Monate. Das hat zur Folge, dass die Menschen immer älter werden. Es braucht immer mehr Alterssiedlungen, Alters- und Pflegeheime. Da können wir alte Menschen treffen, die jahrelang pflegebedürftig sind. Oft führt dies dann zur Frage: Was hat ein solches Leben noch für einen Sinn? Eine Antwort darauf ist schwierig. Vielleicht hilft der folgende Gedanke: Wie ein Kind im Mutterleib nur wenig Ahnung hat, was mit ihm in der Geburt geschieht und wie die irdische Welt aussieht, so wissen wir nur wenig vom geheimnisvollen Sinn des menschlichen Sterbens, der Reinigung und Heiligung des Lebens (der Seele) und von den Dimensionen von Leben und Herrlichkeit, die uns im Himmel erwarten. So wie wir Menschen im irdischen Leben in einem Heils- und Unheilszusammenhang miteinander verbunden sind, so auch im Sterben. Wir dürfen darauf vertrauen, dass das Leiden der betagten und kranken Menschen einen Sinn hat, der uns erst in der anderen Welt aufgehen wird. 
    In den Gehorsam Jesu hineinsterben bedeutet: Den eigenen Tod oder das Sterben Angehöriger im natürlichen Prozess anzunehmen. Dann wird das Leben weder künstlich durch alle möglichen medizinischen Apparate verlängert, noch selbst durch die Zunahme aktiver Sterbehilfe verkürzt. Im Annehmen des Sterbeweges ist (in den meisten Fällen) Gnade spürbar. So hat z.B. eine Familie, die ihren sterbenden Vater lange begleitet hat, Heilung uralter Wunden erfahren. In einer anderen Familie haben sich durch den langen Sterbeprozess die zerstrittenen Kinder untereinander und auch in ihren Ehen versöhnt. Für uns gilt: Wenn wir dem Herrn gehören, überlassen wir es Ihm, wann und wie Er uns im Tod heimholen wird. Wir vertrauen, dass der Herr weiss, warum und wofür Er mein Sterben braucht. 

    Die Endgültigkeit des Gerichtes
    Gottes Liebe will uns in dieser Lebenszeit ganz wandeln und heiligen: „Das ist es, was Gott will: eure Heiligung“ (1 Thess 4,3a). Der „Zustand“ dieser Heiligung unseres Lebens offenbart sich im Gericht, wenn im Tod Jesus Christus in Herrlichkeit vor uns stehen wird. In diesem Augenblick fallen alle Masken der Selbsttäuschung. Die ganze Wahrheit des Lebens wird offenbar. Der Mensch erkennt, wo überall er im Masse seiner Freiheit Ja oder Nein zum Willen Gottes gesagt hat. In dieser Selbsterkenntnis fällt der Mensch das Urteil über sich selbst.
    In der Begegnung mit Jesus Christus im Gericht wird das Gewählte, Heil oder Unheil, offenbar. Gott hört nicht auf, den Menschen zu lieben. Dabei wird die Liebe Gottes für den, der sie endgültig ablehnt, zur Hölle, für den, der sich ihr öffnet, zur Quelle der ewigen Glückseligkeit im Himmel oder vorübergehend zur reinigenden Liebe des Fegfeuers. 

    Ein seliges Sterben
    Niemand weiss genau, wann er stirbt oder wann er plötzlich dement wird und keine bewussten Entscheidungen mehr treffen kann. Deshalb mahnt Jesus in vielen Worten zu steter Wachsamkeit. Dazu gehört, dass wir rechtzeitig das Irdische (Testament) ordnen und bewusst auf die Ewigkeit hin leben. Dazu können Fragen helfen wie z.B.: Wie möchte ich vom Tod her gesehen gelebt und mich in dieser und jener Situation verhalten haben? Was möchte ich bereut und vor Gott getragen (gebeichtet) haben, wo mich versöhnt, wo welche Worte noch ausgesprochen, wo Gutes getan haben …? Wachsam sein bedeutet, nichts aufzuschieben, denn niemand weiss, wann es zu spät ist! 
    Es ist gut, die Gnadenhilfen, welche die Kirche uns anbietet, persönlich anzunehmen und sie den uns Anvertrauten zukommen zu lassen. Hilfreich ist rechtzeitig (möglichst bei klarem Bewusstsein) die Sterbesakramente zu empfangen und frühzeitig einen Priester zu rufen. Der Ablass, ein besonderes Fürbittgebet der Kirche, kann unserem Heil und dem von Verstorbenen dienen. Für Sterbende ist es heilsam, wenn wir bei ihnen und auch für sie beten (und singen). Auch wenn sie äusserlich keine Regung mehr zeigen (können), nimmt dies ihre Seele wohltuend wahr. Bei der Beerdigung ist das Gebet, besonders die Feier der Erlösung (Hl. Messe) das Heilsamste für den Verstorbenen. Der Trost der Angehörigen und die dankbare Würdigung des Lebens des Verstorbenen kommen ergänzend dazu.
    Es ist eine grosse Gnade gut vorbereitet sterben zu können. Im „Gegrüsst seist du, Maria“ bitten wir Maria, die Mutter Gottes, um Beistand und Fürsprache für die beiden wichtigsten Momente unseres Lebens: das „Jetzt” und die „Stunde unseres Todes”. 
    Wenn wir „dem Herrn gehören“ wächst in uns die Vorfreude auf die endgültige Begegnung mit Ihm. Auf diese Stunde hat sich auch Petra, ein krebskrankes Mädchen, gefreut. Gegen Ende ihres Lebens spürte sie, dass es nicht mehr lange dauert und schrieb: „Seid nicht traurig! Wenn ich zu Gott heimgehe, dann bin ich Euch näher denn je. Lebt ein erfülltes Leben, aufgebaut auf Christus! Betet viel füreinander, segnet einander! Seid gut zueinander. Ich lege meine Schmerzen, meine Gebete, mein Ringen in Gottes Hand und spüre: Der ganze Himmel freut sich mit mir!“ Schön, wenn wir so auf den Tod zugehen können. Helfen wir einander, „himmelsfähig“ zu werden.

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  • 10. Dürfen wir ans Grab gehen, die Verstorbenen Rat fragen und um ihre Hilfe bitten?

    Wer einen Menschen sehr geliebt hat, wird diese Liebe und damit die Beziehung zum Verstorbenen auch über den Tod hinaus im Herzen tragen. Ausdruck dieser Liebe wird das Andenken und das Gebet für den Verstorbenen sein. So wie wir vor dem Tod miteinander gesprochen haben, kann das innere Gespräch mit dem Verstorbenen uns gut tun, uns in bestimmten Fragen Licht geben und uns helfen. Insbesondere in Anliegen und Problemen, die uns vorher auch gemeinsam betroffen haben.
    Oft können auch innere Versöhnungsgespräche ein geradezu notwendiger Aspekt der Trauer und der Loslösung sein. Es ist gut, wenn Verletzungen, Unverstehbares und Enttäuschungen ausgesprochen werden. Doch dann kommt einmal der Schritt, wo es darum geht, alles Vergangene zu verzeihen und ruhen zu lassen. In diesem Sinn beten wir ja: Herr, gib ihnen die ewige Ruhe.
    Die Grenze wird jedoch eindeutig dort überschritten, wo wir direkten Kontakt mit den Verstorbenen suchen. Jedes solches Anrufen der Toten widerspricht klar unserem Glauben. (Vgl. 2.Chr 33,6 / 2.Kön 23,24).
    In eine ungesunde Richtung kann es auch gehen, wenn wir anstelle von Jesus Christus, Licht und Hilfe vom Verstorbenen erwarten.

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  • 11. Weshalb beten wir für die Verstorbenen?

    In der wichtigen Frage, was den Menschen nach dem Tod erwartet, können wir in der Bibel (wie auch bei anderen Fragen) eine Entwicklung feststellen: Am Anfang glaubten die Israeliten, dass mit dem irdischen Tod fast alles aus sei. Das irdische Leben hielten sie für das Wesentliche. Sie glaubten, dass sie nach dem Tod in die Unterwelt kämen. Dort verlösche das Leben fast gänzlich und es wäre nur noch ein schattenhaftes Dasein ohne Freude, ohne Lob Gottes; ein Leben, das eigentlich keines mehr sei.
    Deshalb konzentrierte man sich ganz aufs Diesseits. Im Diesseits musste sich die Gerechtigkeit Gottes zeigen. Doch die Erfahrung zeigte, dass dies oft nicht aufging. In der Folge reifte der Glaube, dass Jahwe die Treuen im Tod doch nicht fallen lassen könne und dass Er Seinen Getreuen ewige Gemeinschaft schenke. So wuchs Schritt für Schritt die Überzeugung, dass es eine Gerechtigkeit jenseits des Todes geben müsse: Am Ende der Tage würden die Menschen aus dem Hades, der Unterwelt, auferstehen, zum grossen Gericht. Dann gebe es den Himmel, die ewige Freude als Belohnung, und zur Strafe die Hölle, die Gottesferne, respektive die Finsternis. Die Glaubensvorstellung, dass es eine Gerechtigkeit jenseits des Todes gibt, liess dieses irdische Leben und seine Beurteilung in einem neuen Licht erscheinen.
    Einen ersten Hinweis für die Reinigung nach dem Tod und das Gebet für Verstorbene (Arme Seelen) finden wir im zweiten Makkabäerbuch. Der Autor berichtet, dass am Tag, nach dem Sieg der Makkabäer über Gorgias (160 v. Chr.), unter den Kleidern der Solda¬ten, die in der Schlacht gefallen waren, heidnische Amulette von der Plünderung Jamnias her, gefunden wurden. Diese nach dem Gesetz unreinen Gegenstände waren den Juden verboten. Der Autor des Berichtes bezeichnet diese Sünde als Ursache ihres Todes: «Da wurde allen klar, dass die Männer deswegen gefallen waren, und sie priesen nun alle das Wirken des Herrn, des gerechten Richters, der das Verborgene ans Licht bringt. Anschliessend hielten sie einen Bittgottesdienst ab und beteten, dass die begangene Sünde wieder völlig ausgelöscht werde» (2 Makk 12,40b-42a).
     
    Im Matthäusevangelium enthält die Aussage Jesu über die Sünde gegen den Heiligen Geist eine Anspielung an die Möglichkeit der Vergebung nach dem Tod: «Wer etwas gegen den Heiligen Geist sagt, dem wird nicht vergeben, weder in dieser noch in der zukünftigen Welt» (Mt 12,32).
    In einem anderen Zusammenhang erinnert Paulus bei seinem Eintreten für die Auferstehung an die Praxis, nämlich sich für die Toten taufen zu lassen: «Wie kämen sonst einige dazu, sich für die Toten taufen zu lassen? Wenn Tote gar nicht auferweckt werden, warum lässt man sich dann taufen für sie?» (1 Kor 15,29). Dahinter steht der Glaube, dass wir auch für verstorbene Ungetaufte Heil erwirken können. 
    In der frühen Kirche verbreitete sich der Glaube, dass wir über den Tod hinaus noch etwas für die Verstorbenen tun können. So schrieb der christliche Schriftsteller Tertullian (150-220), dass die Christen Gebete und die Eucharistiefeier für die Verstorbenen am Jahrtag ihres Todes darbrachten. Diese Form des Gebetes für die Verstorbenen war in der Antike etwas Neues. Denn während Heiden zu den Verstorbenen beteten, beteten die Gläubigen für die Verstorbenen, um die Vollendung ihrer Erlösung. 
    Wie sehr dieser Glaube schon früh in der Christenheit verankert war, zeigt sich darin, dass Monika (332-387), die Mutter des heiligen Augustinus, diesen darum bat, ihrer gleich nach dem Tod in der Eucharistiefeier zu gedenken: «Denn als der Tag ihrer Auflösung nahte, dachte meine Mutter nicht daran, ihren Leib in Kostbarkeiten zu hüllen, ihn einzubalsamieren, sie verlangte kein erlesenes Grabmal, kümmerte sich um keine Bestattung in der Heimat. Nichts derartiges verlangte sie von uns, sondern bloss, ihrer am Altar zu gedenken, dem zu dienen sie keinen einzigen Tag unterlassen hatte. Sie wusste, dass dort das heilige Opferlamm verteilt wird, das den ‚gegen uns lautenden Schuldschein getilgt’ und über den Feind gesiegt hat, …» (Aus den Bekenntnissen des heiligen Augustinus)
    Gute Werke, Fürbitte und besonders die Feier der Eucharistie helfen den Armen Seelen. Dabei ist das Gebet der Schlüssel, wodurch wir den Armen Seelen die Himmelspforte öffnen (Augustinus). Die Hilfe kann gegenseitig sein: «Unser Gebet für die Verstorbenen kann nicht nur ihnen selbst helfen; wenn ihnen geholfen ist, kann auch ihre Fürbitte für uns wirksam werden» (KKK 958). Darin zeigt sich die gegenseitige Solidarität in der Gemeinschaft der Heiligen, im Leib Christi. 

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  • 12. Weshalb können freikirchliche und evangelische Gläubige Widerstände gegen das Gebet für die Verstorbenen und die Fürbitte von Heiligen (Maria) haben?

    Ich denke, dass es zwei Bereiche sind. Zuerst die Frage:
     
    1. Wer gehört zum Leib Christi? 
    Paulus schreibt im Epheserbrief: „Die Kirche ist sein (Jesu) Leib und wird von ihm erfüllt, der das All ganz und gar beherrscht“ (Eph 1,22-23). Wenn wir die Frage stellen: „Wer gehört nach der Ansicht der Freikirchen zum Leib Christi?“ Dann wird die Antwort in der Regel etwa so lauten: „Alle, die jetzt auf Erden leben und sich zu Jesus bekehrt haben.“ Stellen wir die Frage nach der Sicht der katholischen Kirche, so könnte die Antwort lauten: „Alle, die einmal im Himmel sein werden.“ Das heisst die vollendete Kirche, die ganze vollendete Schöpfung. Dazu gehören Menschen, die schon vor uns gelebt haben und zugleich auch solche, die jetzt noch gar nicht geboren sind. 
    Zur Klärung der Frage, weshalb Freikirchen eine andere Sichtweise vom Leib Christi haben, muss zuerst auf eine tiefer gründende Frage eingegangen werden.

    Was geschieht nach dem Tod? 
    Der Schlüssel für die katholische Sichtweise liegt in diesem Bereich in der Antwort auf die Frage: Was geschieht nach dem Tod? Konkret: Sind die verstorbenen Christen jetzt tot oder jetzt lebendig in Christus?
    In der wichtigen Frage, was den Menschen nach dem Tod erwartet, können wir in der Bibel eine Entwicklung feststellen: Am Anfang glaubten die Israeliten, dass mit dem irdischen Tod fast alles aus sei. Das irdische Leben hielten sie für das Wesentliche. Sie glaubten, dass sie nach dem Tod in die Unterwelt kämen. Dort verlösche das Leben fast gänzlich und es wäre nur noch ein schattenhaftes Dasein ohne Freude, ohne Lob Gottes; ein Leben, das eigentlich keines mehr sei.
    Deshalb konzentrierte man sich ganz aufs Diesseits. Im Diesseits musste sich die Gerechtigkeit Gottes zeigen. Das war ihre Theologie, ihr Verständnis von Gott. Glück, Wohlergehen, langes Leben, viele Kinder und Reichtum waren deshalb Zeichen für den Segen Gottes und galten als Belohnung für ein gutes Leben. Hinter Leid, Krankheit und Unglück wurde Sünde vermutet und gesucht.
    Das Buch Hiob wehrte sich gegen diese Theologie und dieses Verständnis. Es löste eine wesentliche Weiterentwicklung in dieser Frage aus: Auch Unschuldige können Leid erfahren. Es ist nicht alles restlos erklärbar.
    Weiter reifte langsam der Glaube, dass Gott die Treuen im Tod doch nicht fallen lassen könne, und dass Er Seinen Getreuen ewige Gemeinschaft schenke. So wuchs Schritt für Schritt die Überzeugung, dass es eine Gerechtigkeit jenseits des Todes geben müsse: Am Ende der Tage würden die Menschen aus dem Hades, der Unterwelt, auferstehen, zum grossen Gericht. Dann gebe es den Himmel, die ewige Freude als Belohnung und zur Strafe die Hölle, die Gottesferne, resp. die Finsternis. 
    Die Glaubensvorstellung, dass es eine Gerechtigkeit jenseits des Todes gibt, liess dieses irdische Leben und seine Beurteilung in einem neuen Licht erscheinen.


    Die Position Jesu
    Die Antwort auf die „Jenseits-Frage“ war zurzeit Jesu nicht eindeutig. Die frommen Pharisäer hielten an der Auferstehung von den Toten fest, die liberalen Sadduzäer lehnten sie ab. Das gab öfters Anlass zu Streitgesprächen mit Jesus. 
    Zur Zeit Jesu glaubten vor allem die einflussreichen Pharisäer, dass die Toten am Ende der Zeit aus den Gräbern vom Tod auferweckt und dann gerichtet werden. Darauf folgt Himmel oder Hölle. Auch Marta, die Schwester des verstorbenen Lazarus glaubt an diese Auferstehung, wenn sie zu Jesus über Lazarus sagt: „Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Letzten Tag“ (Joh 11,24).
    Die Frage ist: Wann ist der Letzte, der Jüngste Tag? Am Ende der Zeit oder am Todestag des Betreffenden? Da können die Vorstellungen auseinander gehen. Je nachdem, ob Verstorbene bis zum Ende der Zeit als tot oder als jetzt lebendig in Christus betrachtet werden, kommen wir zu anderen Sichtweisen.
    Wenn die Verstorbenen jetzt tot sind, dann ist klar, dass die verstorbenen Heiligen nicht um Fürbitte angerufen werden können, ebenso wäre dann das Gebet für Verstorbene eine Art Totenkult!
    Im Zusammenhang mit dem Tod des Lazarus sagt Jesus jedoch: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh 11,25). Jesus hat in Seiner Auferstehung den Tod besiegt. Durch unsere Verbundenheit mit Ihm erhalten wir Anteil an Seinem Sieg über den Tod. So gibt es – nach dieser Sichtweise! – durch den irdischen Tod keine Trennung mehr von Jesus.
    Die folgenden Texte drücken dies in grosser Selbstverständlichkeit aus: 
    – In der Synagoge von Kafarnaum betont Jesus: „Amen, amen, ich sage euch: Wer glaubt, hat das ewige Leben“ (Joh 6,47).
    – Auf dem Berg Tabor bei der Verklärung Jesu sehen die Jünger, dass Mose und Elija, die vor Jahrhunderten gestorben sind, mit Jesus reden und folglich lebendig sind: „Und plötzlich redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija; sie erschienen in strahlendem Licht und sprachen von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte“ (Lk 9,30-31). Mose und Elija sind also lebendig!
    – Am Ende eines Streitgespräches mit Pharisäern und Sadduzäern stellt Jesus klar: „Dass aber die Toten auferstehen, hat schon Mose in der Geschichte vom Dornbusch angedeutet, in der er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt. Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn sind alle lebendig“ (Lk 20,37-38). „Ich bin...“, das heisst Abraham, Isaak und Jakob sind vor Gott lebendig und als Lebendige auch wirksam. Bei der Verklärung sagt Jesus eindeutig, dass für Gott die Verstorbenen „alle lebendig“ sind.
    – Am Kreuz sagt Jesus zum einen Verbrecher: „Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43). „Heute“ – nicht erst am Ende der Zeit wirst du ins Paradies eintreten.
    Alle diese Texte weisen darauf hin, dass (zumindest für diejenigen, die an Jesus Christus glauben) das Leben im Tod weitergeht. Mit anderen Worten: In der Person Jesu Christi, in Seinem Tod und Seiner Auferstehung ist der irdische Tod besiegt. Jesus ist Herr über den Tod, wie dies auch Paulus bezeugt: „Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende“ (Röm 14,9). 
    Noch in einer weiteren Stelle spricht Paulus vom Sieg Christi über den Tod: „Denn ich bin gewiß: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Röm 8,38-39).
    Dieser Sieg über den irdischen Tod in der Auferstehung Jesu Christi eröffnet neue Dimensionen. Erst von da her, dass in Christus alle Seine Glieder lebendig sind und diese durch Ihn zueinander gehören und verbunden sind, kann das Gebet für Verstorbene und Heiligenverehrung verstanden werden. 

    Geschichtliche Wurzeln
    Wie kommt es zu dieser Vorstellung? Die erste Generation von Christen glaubte, dass Jesus Christus bald in Herrlichkeit wiederkomme. Doch die Wiederkunft Christi blieb aus. Stattdessen erlebten sie, dass einige von ihnen als Märtyrer starben. 
    Die frühen Christen versammelten sich jeweils an den Jahrestagen der Märtyrer, die ihr Blut für Jesus vergossen hatten, an deren Gräbern in der Gewissheit: Die Märtyrer gehören zu uns. 
    Sie waren auch überzeugt, dass die Märtyrer für die lebenden Christen und für die ganze Kirche auf Erden Fürbitte bei Gott einlegen. 
    Darauf weist auch die Offenbarung hin: „Als das Lamm das fünfte Siegel öffnete sah ich unter dem Altar die Seelen aller die hingeschlachtet waren wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses das sie abgelegt hatten“ (Offb 6,9). Hier werden Märtyrer, die für Jesus gestorben sind, vor Gott aktiv: „Sie riefen mit lauter Stimme, wie lange zögerst du noch, Herr, du Heiliger und Wahrhaftiger, Gericht zu halten und unser Blut an den Bewohnern der Erde zu rächen?“ (Offb 6,10) Hier steht, dass diese gestorbenen Märtyrer vor Gott dafür bitten, dass der Herr auf der Erde etwas bewirke! Also leben sie! 
    Diese Verbundenheit mit den Märtyrern und ihre Verehrung führte zur Entstehung der Heiligenverehrung. Die Christen waren der Überzeugung: Wir sind eine Gemeinschaft, die über das Sichtbare hinausgeht. 
    Paulus nennt diese Gemeinschaft, die Kirche „Leib Christi“: „Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt“ (1 Kor 12,13). Das verbindende Element ist der Heilige Geist. Durch Ihn ist zu allen Gliedern Seines Leibes eine geistgewirkte, geistliche Verbundenheit möglich.
    Paulus schreibt: „Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle anderen mit ihm“ (1 Kor 12,26). Die Erfahrung aus der „Gemeinschaft“ mit den Märtyrern weist darauf hin, dass diese Gemeinschaft, das „Füreinander-da-sein“ nicht aufhört, wenn Christen sterben. Das führt zur Erkenntnis: Wenn wir unsere Mit-Heiligen auf der Erde um ihr Gebet für uns bitten können, so können wir auch die Heiligen, die bereits mit dem Herrn vereint sind, um ihr Gebet bitten. Denn wir gehören zum gleichen Leib, zur gleichen Familie. Wir können alle im Gebet füreinander vor Gott eintreten.
    Die traditionelle katholische Theologie hat in der Folge die Gemeinschaft der Heiligen in drei Bereiche unterteilt. Sie nennt die Gläubigen, die noch hier auf der Erde sind, die streitende Kirche. Das sind wir! Wir leben mitten in den Auseinandersetzungen, Kämpfen und Leiden dieser Welt. Wir ermutigen und unterstützen einander. 
    Alle Erlösten im Himmel, die sogenannten Heiligen, werden die triumphierende Kirche genannt. Wenn wir Heilige ehren, verherrlichen wir Gott. Wir rühmen damit Gottes Grösse und Sein Wirken in und durch diese Heiligen. 
    Die Heiligen im Zustand der Reinigung (Arme Seelen im Fegfeuer) werden die leidende Kirche genannt. Die Armen Seelen können sich selbst nicht helfen. Weil sie aber zum Leib Christi, also zur Gemeinschaft der Heiligen, dazu gehören, können wir ihnen helfen. Denn in der Verbundenheit des Leibes Christi sind wir eine Familie Gottes, in der alle Glieder für einander da sein und einander helfen können. 

    2. Missverständnis: Fürbitte der Heiligen und Gebet für Verstorbene sind kein Totenkult
    Das Gebet für Verstorbene wird manchmal mit Totenkult verwechselt. Doch die Verbundenheit durch den Geist Gottes im Leib Christi ist etwas völlig anderes als Totenbeschwörung. In der Totenbeschwörung, in der Befragung von Totengeistern durch verschiedene okkulte Praktiken, geht es meist um Neugier. Man will Informationen über Verstorbene oder die Zukunft erhalten. Diese Praktiken aber lehnen die Bibel und die katholische Kirche ab. Dazu ein sehr alter Text aus dem Buch Deuteronomium: „Es soll bei dir keinen geben, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, keinen, der Losorakel befragt, Wolken deutet, aus dem Becher weissagt, zaubert, Gebetsbeschwörungen hersagt oder Totengeister befragt, keinen Hellseher, keinen, der Verstorbene um Rat fragt. Denn jeder, der so etwas tut, ist dem Herrn ein Gräuel“ (Dtn 18,10-12a). Das bestätigt auch der Katechismus der Katholischen Kirche:
    „Sämtliche Formen der Wahrsagerei sind zu verwerfen: Indienstnahme von Satan und Dämonen, Totenbeschwörung oder andere Handlungen, von denen man zu Unrecht annimmt, sie könnten die Zukunft „entschleiern“. Hinter Horoskopen, Astrologie, Handlesen, Deuten von Vorzeichen und Orakeln, Hellseherei und dem Befragen eines Mediums verbirgt sich der Wille zur Macht über die Zeit, die Geschichte und letztlich über die Menschen sowie der Wunsch, sich die geheimen Mächte geneigt zu machen. Dies widerspricht der mit liebender Ehrfurcht erfüllten Hochachtung, die wir allein Gott schulden.
    Sämtliche Praktiken der Magie und Zauberei, mit denen man sich geheime Mächte untertan machen will, um sie in seinen Dienst zu stellen und eine übernatürliche Macht über andere zu gewinnen – sei es auch, um ihnen Gesundheit zu verschaffen –, verstoßen schwer gegen die Tugend der Gottesverehrung. Solche Handlungen sind erst recht zu verurteilen, wenn sie von der Absicht begleitet sind, anderen zu schaden, oder wenn sie versuchen, Dämonen in Anspruch zu nehmen. Auch das Tragen von Amuletten ist verwerflich. Spiritismus ist oft mit Wahrsagerei oder Magie verbunden. Darum warnt die Kirche die Gläubigen davor. Die Anwendung so genannter natürlicher Heilkräfte rechtfertigt weder die Anrufung böser Mächte noch die Ausbeutung der Gutgläubigkeit anderer“ (Nr. 2116-2117).
    Im Gebet für Verstorbene werden keine Toten angesprochen. Im Gegenteil: Wir beten ja: Herr, gib ihnen die ewige Ruhe. Wir bitten Jesus Christus, dass Seine Erlösung sich an den Verstorbenen vollende. 

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  • 13. Wie kommt es, dass freikirchliche und auch evangelische Gläubige eine andere Sichtweise über die Zugehörigkeit zum Leib Christi vertreten?

    Der Hauptgrund besteht darin, dass die Aussagen des Neuen Testamentes von unterschiedlichen Standpunkten aus erfolgen können. Das kommt daher, dass wir nicht die gleiche Bibel des Alten Testamentes haben, dann evangelische und freikirchliche Christen lehnen die sogenannten deuterokanonischen Bücher als nicht inspiriert ab. Damit nehmen freikirchliche und evangelische Gläubige einen Teil der Glaubensentwicklung bei den Juden, welcher in den deuterokanonischen Büchern beschrieben ist, nicht an. Das hat zu einer anderen Sichtweise geführt. 
    Wie ist es zu dieser unterschiedlichen Bewertung der Bibel, insbesondere des Alten Testamentes gekommen?
    Der Unterschied liegt in der Auslegung der inspirierten Bücher des Alten Testamentes und geht auf die Reformationszeit zurück. Die Reformatoren wollten zu den Wurzeln der Schrift vorstossen und griffen dabei auf den hebräischen Text zurück. Ein Teil des Alten Testamentes ist nämlich im Urtext hebräisch geschrieben. Das sind mehrheitlich die Bücher, die vor 400 v. Chr. geschrieben wurden. Die späteren Bücher sind in Griechisch geschrieben. Und in einem dieser Bücher, dem 1. Makkabäerbuch, ist vom Gebet für die Verstorbenen die Rede. Doch das hat folgenden geschichtlichen Hintergrund:
    Bis 587 v. Chr. war zumindest ein Teil des Volkes Israel (Juda mit Jerusalem) ein eigenes Volk mit eigener Regierung geblieben. Dann kam das Exil in Babylon. Von da weg verlor das Volk die Eigenregierung. Das Volk der Israeliten zerstreute sich in verschiedene Länder und Städte. Die Rückkehr aus dem Exil konnte diese Entwicklung nicht aufhalten. In der Folge wurde Griechisch die Weltsprache. Deshalb sind die weiteren Schriften nach ca. 400 v. Chr., übrigens auch das Neue Testament, in Griechisch geschrieben.

    Die Juden haben nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. neu geprüft, welche Schriften sie als inspiriert und somit als verbindlich für ihren Glauben annehmen wollten. Dabei machten sie um ca. 100 n. Chr. bei der Synode von Jamnia eine Trennung: Die hebräisch geschriebenen Bücher (bis ca. 400 v. Chr.) sind protokanonisch (verbindlich). Diese wurden in ihre Bibel aufgenommen. Alle weiteren – griechisch geschriebenen – Bücher sind deuterokanonisch, (zweitrangig), das heisst lesenswert, jedoch nicht inspiriert. Auf diese Aufteilung griffen die Reformatoren zurück. Sie anerkannten nur die hebräisch geschriebenen Bücher des Ersten (Alten) Testamentes als Heilige Schrift, als inspirierte Bücher. Die katholische und orthodoxe Kirche hielten an der bisherigen Tradition fest und anerkannten weiterhin auch die griechisch geschriebenen Bücher als inspirierte Schriften. In manchen evangelischen Bibeln sind diese Bücher zwar auch enthalten. Dort werden sie als apokryphe Bücher oder Spätschriften bezeichnet.
    Inhaltlich geht es um folgende Bücher, die in der Zeit von 400 v. Chr. bis zur Geburt Christi in griechischer Sprache geschrieben wurden: Tobias, Judit, 1. Makkabäer, 2. Makkabäer, Weisheit Salomos, Weisheit Sirach und Baruch. 
    Das ergibt eine andere Sichtweise auf das Neue Testament. Mit diesem Hintergrund der Glaubensentwicklung vor ca. 400 v. Chr. wird nun das Neue Testament gedeutet. Darin wurden dann Texte bevorzugt, die von „entschlafen“ reden. Es ist wie überall: Von einem anderen Standpunkt her sieht man das Gleiche etwas anders. 

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  • 100. Vom Diesseits zum Jenseits. Tod – und was dann? (Audio-Vortrag)