Fragen und Antworten zum Thema Weihe

  • 1. Warum hält die Kirche am Priesterzölibat fest?

    In der heutigen Zeit, wo die gelebte Sexualität bei vielen Menschen einen hohen Stellenwert einnimmt und der Ewigkeitsbezug weitgehend verloren gegangen ist, verstehen viele den Sinn des Zölibates, vor allem des Pflichtzölibates für katholische Priester nicht mehr. Dazu kommen negative Beispiele von Priestern und Bischöfen, welche im Geheimen sexuelle Beziehungen leben und eigene Kinder haben. Ein weiterer Grund des Unverständnisses besteht darin, dass bei uns in Europa die Zahl der Priester erschreckend zurückgeht und ohne Priester keine Eucharistie gefeiert werden kann. Warum also hält die Kirche am Priesterzölibat fest? Dazu einige Gedanken:

    Um des Himmelreiches willen
    In Israel war Ehelosigkeit ungewohnt und eigentlich nicht vorgesehen. Dennoch lebten Jesus und Paulus ehelos. Diese neue Lebensform hat wesentlich mit dem Reich Gottes zu tun, was Jesus in einem Gespräch mit Seinen Jüngern zeigt: „Nicht alle können dieses Wort erfassen, sondern nur die, denen es gegeben ist. Denn manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht und manche haben sich selbst dazu gemacht - um des Himmelreiches willen. Wer es erfassen kann, der erfasse es“ (Mt 19,11-12). 
    Viele Umfragen zeigen, dass die Sexualität für viele Menschen ein sehr hoher Wert, ja der Höchstwert ist. Doch das Evangelium sagt: Der höchste Wert ist das Reich Gottes, die Nachfolge des Herrn. Das Höchste ist das, was in der Ewigkeit auf uns zukommt, die ewige Gemeinschaft mit dem Dreifaltigen Gott. Wer ehelos und jungfräulich lebt, legt Zeugnis ab für die im Glauben erwartete zukünftige Welt, in der die menschliche Liebe für Frauen und Männer ihre definitive Erfüllung finden wird. Er bezeugt, dass die Liebe Gottes so real ist, dass sie bereits jetzt einen Menschen so erfüllen kann, dass er ohne ausgelebte Sexualität ausgewogen, lebensfroh und glücklich sein kann. 

    Ehelosigkeit ist Charisma
    Paulus schreibt: „Ich wünschte, alle Menschen wären unverheiratet wie ich. Doch jeder hat seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so“ (1 Kor 7,7). Es gibt die Berufung zur Ehe und das Charisma der Ehelosigkeit. Jede Berufung ist heilig und segensreich. Entscheidend ist immer, wie sie persönlich gelebt wird. 
    Paulus ergänzt, dass der Unverheiratete sich leichter ganz in den Dienst des Reiches Gottes stellen kann: „Ich wünschte aber, ihr wäret ohne Sorgen. Der Unverheiratete sorgt sich um die Sache des Herrn; er will dem Herrn gefallen. Der Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt; er will seiner Frau gefallen. So ist er geteilt“ (1 Kor 7,32-34a). Wer den Zölibat lebt, verzichtet auf den Segen der Ehe, Kinder und Familie und auf die sexuellen Freuden zugunsten der grösseren Freiheit, seine Zeit und Liebe dem Herrn und dem Bau Seines Leibes, der Kirche und den Menschen, zu widmen. 

    Geschichtliche Entwicklung
    Eine auffällige Qualifikation für den ordinierten Dienst in der frühen Kirche war, dass der Bischof oder Diakon „Mann einer einzigen Frau“ (1 Tim 3,2) sein sollte. So wurde zur Zeit der Pastoralbriefe (um ca. 100 n. Chr.) von den Bischöfen und Diakonen bereits nach dem Tod der ersten Frau der Zölibat erwartet. 
    Ab dem frühen 4. Jahrhundert gibt es mehrere Aussagen von Konzilien und Synoden, in der die Ehelosigkeit der Priester immer stärker eingefordert wurde. Zuerst wurde die Forderung erhoben, dass der Priester unmittelbar vor der Feier der Eucharistie keine geschlechtliche Beziehung haben soll. Als dann im Laufe der Jahrhunderte die Eucharistie häufiger gefeiert wurde, hat sich die Voraussetzung der Enthaltsamkeit immer mehr auf das gesamte Leben des Priesters ausgedehnt.
    Im Jahr 1022, an der Synode zu Pavia, ordnete Papst Benedikt VIII. gemeinsam mit Kaiser Heinrich II. an, dass alle Geistlichen nicht mehr heiraten durften. Diese Forderung war Teil einer umfassenden innerkirchlichen Reform-Bewegung. Überall durchgesetzt wurde diese Verordnung allerdings erst nach dem Konzil von Trient (1545 – 1563).

    Praktische Gründe für die Zölibatsverpflichtung
    Ein Beweggrund für den verpflichtenden Zölibat im 11. Jahrhundert war der Versuch zu verhindern, dass von Priestern verwaltetes kirchliches Vermögen reduziert wird. Als weitere Begründung wurden die Einsatzfähigkeit und Verfügbarkeit für die Tätigkeiten im priesterlichen Dienst genannt. Ehelose Priester können sich mehr für ihre Gemeinde einsetzen, denn sie brauchen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit keine Rücksicht auf Ehefrau und gemeinsame Kinder zu nehmen. Alleinstehende Priester waren und sind (insbesondere in Zeiten von Verfolgung) weniger erpressbar. Ein weiteres Spannungsfeld könnte auch zwischen Familie und Beichtgeheimnis in familienrelevanten Angelegenheiten entstehen.

    Das Vorbild Jesu, des Bräutigams
    Als Hauptgrund für die Zölibatsverpflichtung wird auf Jesus Christus hingewiesen, der unverheiratet war, und ungeteilt (vgl. 1 Kor 7,34) für Gott und für alle Menschen leben konnte. Christus wird im Neuen Testament als Bräutigam bezeichnet, der ganz für Seine Braut, die Kirche, lebt. Bischöfe und Priester haben in ihrem kirchlichen Dienst Christus, diesen liebenden Bräutigam darzustellen (Dekret über die Priester, Nr. 16). Diese ganzheitliche Ausrichtung auf Gott soll in der zölibatären Lebensweise jetzt schon gelebt werden. 
    Das Zweite Vatikanische Konzil (Priesterausbildung, Nr. 10) sieht im Zölibat deshalb weniger eine kirchliche Vorschrift, sondern vielmehr ein Geschenk Gottes. Er soll dem Priester helfen, nach dem Vorbild Jesu Christi seine ganze Liebeskraft Gott und Seiner Kirche, und damit den ihm anvertrauten Menschen, zu schenken.

    Die Berufung
    Die Zölibatsverpflichtung ist ein freier Entscheid. Viele Jahre bereiten sich die Priesteramtskandidaten darauf vor, bis sie sich für diesen Weg entscheiden. Das Eheversprechen wird in der Regel nicht so sorgfältig abgewogen und geprüft. Auch statistisch zeigt sich, dass bedeutend mehr Ehen scheitern, als Priester ihr Amt aufgeben.
    Die christliche Ehelosigkeit ist die Antwort auf eine persönlich erfahrene Liebe Jesu Christi. Menschen erfahren, dass ihre Liebe zu Jesus Christus stärker ist, als alle ihre Erlebnisse von Verliebtheit und menschlicher Liebe. Durch ein tiefes Gebetsleben, eine innige Freundschaft mit Jesus, durch den ehrlichen Umgang mit den eigenen psychischen Problemen, durch Achtsamkeit auf die körperlichen Bedürfnisse, durch menschliche Gemeinschaft und durch eine beruflich erfüllende Tätigkeit, kann der Zölibat zu einer Quelle grosser geistlicher Fruchtbarkeit werden. 

    Heutige Situation 
    Die Geschichte des Zölibates zeigt, dass dieser für das Priestertum nicht zwingend ist. Papst Johannes XXIII. sagte darum: „Ich könnte den Zölibat streichen. Ich habe die Macht dazu.“ Nachdenklich fügte Papst Johannes XXIII. nach einer längeren Pause hinzu: „Ich kann es nicht.“ Irgendwie spürte er, dass dies vom Herrn so gewollt ist, wie es ist.
    Heute wird vor allem auf dem Hintergrund des immer grösser werdenden Priestermangels die Frage diskutiert, ob im Leben und im kirchlichen Dienst bewährte Männer (viri probati) zu Priestern geweiht werden könnten. Denn ohne Priester kann keine Eucharistie gefeiert werden. Da stellen sich für die Kirche verschiedene Fragen, wie: Steht sie Berufungen im Wege, wenn sie sagt, dass sie nur aus dem Kreis der zölibatär Lebenden ihre Priester auswählen möchte? Was ist mit denjenigen, die die Berufung der Ehe leben, sich gleichzeitig aber zu einem priesterlichen Dienst gerufen fühlen? Könnte das fürs kirchliche Leben nicht eine Bereicherung sein? Doch wie auch immer neue Wege aussehen werden, einfache Lösungen wird es wegen der Komplexität der Problematik nicht geben.

    Zur Sensibilisierung dieser Frage ein persönliches Zeugnis
    Martin Scheibli (Jg. 1966) wurde als Spätberufener zum Priester geweiht. Ein nicht ungewöhnliches Ereignis, hätte er nicht zwei Kinder. In einem Interview mit der SKZ (Schweizerische Kirchenzeitung 16/2019 S. 327) erzählt er, wie es dazu kam: 
    Sie sind katholischer Priester und haben zwei Kinder. Wie kommt das?
    Ich habe schon früh meine Frau kennengelernt und mit 21 Jahren geheiratet. Mit 23 hatten wir das erste Kind, eineinhalb Jahre später das zweite. Dann wurde bei meiner Frau mit 36 Jahren Krebs diagnostiziert. Nach zehnjähriger Leidenszeit starb sie. Nach ihrem Tod fühlte ich, dass etwas Neues in meinem Leben beginnen sollte. Ich hätte aber nie an eine Priesterberufung gedacht!
    Waren Sie schon gläubig?
    Meine Frau und ich lebten einen durchschnittlichen Glauben. Wir gingen sonntags in die Kirche und liessen unsere Kinder taufen. Die Krankheit meiner Frau hat uns näher zu Gott geführt. Wir liessen uns von einem Pater geistlich begleiten und praktizierten den Glauben intensiver. So gelang es uns, die Krankheit mit Gott aus einer anderen Perspektive zu bewältigen. Meine Frau starb dann auch tief verwurzelt im katholischen Glauben.
    Dann erzählt er, wie er die Berufung zum Priester wahrnahm und sie immer klarer wurde. 
    Was hat Sie gefreut auf Ihrem Weg?
    Ich war vorher verheiratet, hatte Kinder, war berufstätig und habe mich immer wieder weitergebildet. Ich glaube, ich hatte noch nie so viel Zeit für mich wie während meines Studiums (lacht). Es war schön, so viel Zeit für Gott, für die Theologie und den Glauben zur Verfügung zu haben. Ich durfte in dieser Zeit spirituell wachsen. Die tägliche Messe, das Stundengebet, die Anbetung, gaben den Rhythmus und so konnte ich weiter in die Tiefe des Glaubens gelangen.
    Sind Sie heute glücklich mit Ihrem Entscheid?
    Ja, sehr! Ich danke Gott, dass es in der katholischen Kirche die Lebensform des Priesters gibt und dass ich sie leben darf.
    Was halten Sie von verheirateten Priestern respektive der Abschaffung des Zölibats?
    Ich habe beides erlebt. Wenn man eine tiefe, ernsthafte Beziehung mit seiner Frau lebt, das Leben miteinander teilt und Kinder hat, bestimmt dies das ganze Leben. Mein Leben als Priester ist ganz anders. Für mich sind beides eigenständige Berufungen. Es gibt die Spiritualität auch im Alltag, doch ein Priester hat eine Sendung, in der er sein ganzes Dasein verschenkt. Ich lebe diese Sendung in der heiligen Messe, im Gebet, im Gespräch mit den Menschen. Bei verheirateten Priestern würde aus meiner Sicht entweder die Ehe oder das Priestertum leiden. Es geht nicht darum, dass ich ohne die Familie mehr Zeit für die Pfarrei hätte. Es ist eine andere Art und Weise zu leben. Um es mit den Worten von Hans Urs von Balthasar auszudrücken: Der Priester lebt eine für die Kirche enteignete Existenz.

    Fragen und Antworten herunterladen (PDF)
  • 2. Gehören Laien, die in der Kirche einen amtlichen Dienst ausüben, wie Pastoralassistent(inn)en oder Pastoralreferent(inn)en zu Klerikern oder sind sie Laien in einer besonderen Berufung?

    Hauptamtliche Laien im seelsorgerlichen Dienst sind den Diakonen und Priestern von ihrem Dienst her, der in einigen Diözesen sogar die Leitung von Gemeinden beinhalten kann, sehr ähnlich. Auf den ersten Blick hin unterscheidet sich ihre Arbeit von den Priestern nur darin, dass sie der Eucharistie nicht vorstehen, und die Beichte oder Krankensalbung nicht spenden können. Der Bischof kann ihnen hingegen erlauben, in besonderen Situationen die Taufe zu spenden und dem Ehesakrament zu assistieren. Dennoch sind hauptamtliche Pastoralassistent(inn)en und Pastoralreferent(inn)en keine Kleriker, weil sie nicht ordiniert sind. Deswegen sind sie von ihrem kirchlichen Stand her Laien. 
    In der Folge des Konzils haben sich die kirchlichen Dienste von Laien als Bereicherung für die Kirche entwickelt. Im Hintergrund stand die wichtige theologische Erkenntnis, dass Taufe und Firmung Sakramente sind, welche die Gläubigen zu aktiven Trägern der Sendung der Kirche und ihrer Seelsorge machen. Darum ist es theologisch legitim, Männer und Frauen mit entsprechenden Charismen und einer adäquaten Ausbildung zum seelsorgerlichen Dienst zu beauftragen. Es wäre sehr hilfreich und würde manche Spannung und Konkurrenzkämpfe vermeiden, wenn die unterschiedliche Berufung erkannt und bejaht würde, die der Priester und der Laie (im Hauptamt) in der Nachfolge Jesu und im kirchlichen Dienst haben. 
    Die (fehlende) Weihe (Ordination) unter dem Aspekt des Defizits zu sehen, kann Gefühle des Gekränkt-Seins auslösen und in der Folge verdeckte Machtkämpfe fördern, die im Dienst Jesu Christi völlig unangebracht sind. Denn pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen zusammen mit den Geweihten, im gemeinsamen Dienst Jesu Christi (und des Bischofs) und ergänzen einander. 

    Fragen und Antworten herunterladen (PDF)
  • 3. Weshalb kann eine Frau in der katholischen Kirche nicht zur Priesterin geweiht werden?

    Der kirchliche Alltag zeigt: die Kirche ist mehrheitlich weiblich. Frauen bilden den Grossteil der Gottes-dienstbesucher. Sie tragen in vielen Gruppen und Diensten das Leben der Pfarrgemeinden mit. Dennoch können sie das Weihesakrament nicht empfangen. In der heutigen Zeit der Gleichberechtigung von Frau und Mann, in der Frauen viele öffentliche Ämter innehaben, wird immer weniger verstanden, dass es keine Priesterweihe für die Frau gibt. 
    Aufgrund vieler Diskussionen hat Papst Johannes Paul II. am 22. Mai 1994 im Apostolischen Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“ bekräftigt, dass der Kirche keinerlei Vollmacht zukommt, Frauen die Priesterweihe zu spenden: „Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (Lk 22,32), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“ (Ordinatio sacerdotalis, Nr. 4).
     
    Das Vorbild Jesu
    Papst Johannes Paul II. begründete dies zuerst mit dem Hinweis, dass Jesus nur Männer in den Kreis der Apostel berufen habe. Dagegen wird argumentiert, dass Jesus nur deshalb keine Frauen in den Zwölferkreis (und damit zu Priesterinnen) berufen hat, weil das in der damaligen Zeit noch nicht denkbar gewesen wäre. Heute würde Er das tun. Doch diese Argumentationsweise ist nicht stichhaltig, denn, wie man in den Evangelien nachlesen kann, setzte sich Jesus mehrmals über die damaligen Bräuche hinweg. Er korrigierte eigenmächtig die Interpretationen des Alten Testamentes durch die Schriftgelehrten. 
    Jesus hatte viele Frauen als Jüngerinnen. Seine Offenheit Frauen gegenüber und Seine Anerkennung ihrer menschlichen Würde stand in auffallendem Gegensatz zur damaligen Kultur, in der die Frauen oft wie ein persönlicher Besitz oder wie Sklavinnen behandelt wurden. Jesus widersetzte sich der gelebten Kultur und liess sich in Seinem Verhalten davon nicht binden. 
    Tatsache ist, dass Jesus trotz Seiner offensichtlichen Wertschätzung gegenüber Frauen, keine Frau für den Zwölferkreis auswählte. Die Kirche folgert daraus: Wenn Jesus in der Kirche Priesterinnen gewollt hätte, dann hätte Er sie von Anfang an dazu berufen. Aber weil Er das offensichtlich nicht tat, bleibt die Kirche dieser Seiner Entscheidung treu. Allerdings hat sich das Amtspriestertum erst nach Jesu Tod entwickelt. Auch ging es Jesus bei der Einsetzung der Zwölf nicht um die Priester, sondern um die Wiederherstellung des Volkes Gottes, der zwölf Stämme Israels. 

    Das Vorbild der Tradition
    Die Zweite Begründung von Johannes Paul II. besteht im Blick auf die Apostel und die ganze Tradition der Kirche. Sie folgte dem Beispiel Jesu und weihte nur Männer. Obwohl viele vorbildliche und einflussreiche Frauen im Neuen Testament erwähnt und beschrieben werden, gibt es kein Anzeichen für weibliche Apostel, Bischöfe oder Priester. Hingegen werden Diakonissen und andere herausragende christliche Frauen erwähnt (vgl. 1 Tim 3,11; Röm 16,1), auch in späteren christlichen Schriften. Bei diesen weiblichen Diakoninnen oder Diakonissen der frühen Kirche handelt es sich um ein Amt, das sich vom Amt des Diakons unterscheidet. Es gehörte nicht dem dreifachen Amt (Diakon, Presbyter, Bischof) der Kirche an, sondern kann als eine Art niedere Weihe verstanden werden. Auch in späteren Abschnitten der frühen Kirchengeschichte werden keine Priesterinnen erwähnt.
    Weil es nun weder in der Bibel noch in den ersten 1900 Jahren der Kirche eine Ordination von Frauen gegeben hat, behielt die katholische Kirche ihre Praxis bei, nur Männer zu diesem Amt zu ordinieren. In seinem Apostolischen Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“ hat Papst Johannes Paul II. erklärt, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen zur Priesterweihe zuzulassen, und zwar nicht nur aus historischen, sondern auch aus theologischen Gründen.

    Wie mit dem Nein umgehen?
    Dieses Nein stösst auf viele Fragen und Gegenargumente. Eine Gesellschaft, in der alles weitgehend nach der Funktionalität beurteilt wird und die Unterschiedlichkeit und Komplementarität der Geschlechter immer weniger gesehen werden will, ist dieses Nein schwer verständlich. Die heutige Gesellschaft tut sich schwer damit, dass es bei der Weihe nicht um eine Funktion geht, die unabhängig vom Geschlecht einer Person ausgeübt werden kann. Sie empfindet es deshalb als Diskriminierung, obwohl Johannes Paul II. klarstellte, dass „die Nichtzulassung der Frau zur Priesterweihe keine Minderung ihrer Würde und keine Diskriminierung ihr gegenüber“ bedeute (Ordinatio sacerdotalis, Nr. 3). 
    Dazu kommt, dass in der heutigen Zeit viel auf Recht und Anspruch gepocht wird. Da ist es schwierig einzusehen und noch schwieriger zu akzeptieren, dass es kein Recht auf die Weihe gibt. Gott ist souverän. Er beruft, wenn Er will. Eine Person kann von der eigenen Berufung überzeugt sein und nach ihrer Vorstellung alle Voraussetzungen mitbringen und kann dennoch nicht das Recht auf Weihe einfordern. Denn es liegt in der Verantwortung der Kirche, die Berufungen zu prüfen.
    Zu diesen Schwierigkeiten können noch existenzielle dazukommen: Wenn eine Frau den Wunsch in sich wahrnimmt, Priesterin zu werden; wenn Frauen voll Liebe zu Jesus sind und in ihrem Engagement im Dienst der Kirche mit Priestern zusammenarbeiten, die sie jedoch nicht schätzen oder keine guten Vorbilder sind; wenn wegen Priestermangel die Eucharistiefeier ausfällt, ... dann kann dies bei den Betroffenen, wie beim gläubigen Volk, Fragen, Schmerz, Wut und Unverständnis auslösen.
    Wie in allen Situationen und Ereignissen des Lebens, haben wir die Wahl und entscheiden selber, wie wir darauf reagieren. Wir können uns dagegen auflehnen und unaufhörlich gegen verschlossene Türen anrennen. Eine Reaktion, die immer wieder nur etwas generiert: Enttäuschung und Frustration. Wir können aber auch Situationen, die wir nicht ändern können, so schmerzlich und unverständlich sie für uns auch sind, annehmen und Versöhnung anstreben. Das beinhaltet den Blick nicht auf sich selber sondern auf Gott hin auszurichten. 
    Dieser Blick auf Gott hilft, die Chancen und Gnaden der eigenen Berufung zu sehen. So haben Frauen in der katholischen Kirche auch ohne die Priesterinnenweihe viele Möglichkeiten, ihre Gaben und Charismen wirkungsvoll ins Leben der Kirche einzubringen. Jeder Dienst in der Kirche und für die Menschen ist für Gott unendlich wertvoll. Zu diesen möglichen Diensten möchte Gott uns immer die Freude Seines Geistes geben, die uns im Tiefsten erfüllt und beglückt.
     
    Zur Sensibilisierung dieser Frage ein persönliches Zeugnis 
    „Meine Berufung für den kirchlichen Dienst hat sich am Vorbild einer Frau in der Nachbarpfarrei entzündet. Ich bin ihr im Rahmen von Glaubenskursen begegnet, die ich in ihrer Pfarrei halten durfte. Dabei habe ich miterlebt, wie sie Gottesdienste feiert, für die Menschen da ist und mit ihnen auf den Weg geht, wie sie ihre Gemeinde leitet. Sie hat das mit grossem Ernst und mit Hingabe getan. Das hat mich beeindruckt und ich habe gespürt, das ist es! So möchte auch ich Jesus nachfolgen. 
    Ich habe also meinen früheren Beruf als Rechtsanwältin ganz hinter mir gelassen und mich für den Dienst in der Kirche ausbilden lassen. Es war für mich ein Geschenk, in vorgerücktem Alter noch einmal studieren zu dürfen und zwar das, was mich am allermeisten interessierte. 
    Meine Arbeit als Pastoralassistentin und Pfarreileiterin habe ich mit grosser Freude ausgeübt. Ich durfte meine Begeisterung am Glauben weitergeben, Beziehungen zu Gott und untereinander stiften und ein Klima der Geschwisterlichkeit und Gastfreundschaft fördern. Eine gepflegte Liturgie, Sonntagsgottesdienste mit viel Gesang lagen mir besonders am Herzen. „La chiesa è madre“ – die Kirche ist Mutter – diesen Satz von Papst Franziskus habe ich verinnerlicht und so habe ich meinen Dienst in der Kirche gelebt. 
    Oft wurde ich von Gläubigen mit einem erstaunten Unterton darauf angesprochen, wie ich denn als Frau in der katholischen Kirche arbeiten könne… Sie wollten mich mit der für sie unverständlichen Stellung der Frau in der Kirche konfrontieren. Meine Antwort war immer: „Ich freue mich an dem, was ich als Frau in der Kirche im Bistum Basel beitragen darf und strebe nicht etwas an, von dem ich weiss, dass es mir als Frau verschlossen ist, um mich nicht selbst zu frustrieren. Ausserdem habe ich mehr als genug zu tun… Und wenn ich das, was mir aufgetragen wurde, gut mache, dann diene ich auch der Stellung der Frau in der Kirche am meisten.“ 
    Seit ich pensioniert bin, bewegt mich eine neue Sensibilität für die Stellung der Frau in der Kirche. Ich bin vor kurzem zwei jüngeren Priestern begegnet, die mit ihrer Weihe auftrumpften und die in meiner Gegenwart abschätzige Bemerkungen über Frauen im kirchlichen Dienst äusserten. Das hat mich schockiert! Und ich bin meinem eigenen, tiefen Schmerz darüber wieder begegnet, dass mir die Weihe für meinen Dienst in der Kirche verwehrt war und dies nur deswegen, weil ich eine Frau bin. 
    Ich konnte nicht schweigen und sagte den beiden Priestern, mit denen ich zu einem Glas Bier zusammen sass, dass mir solche Äusserungen sehr weh tun. Mein Schmerz wurde nicht ernst genommen, stattdessen wurde ich mit den mir längst bekannten theologischen Argumenten eingedeckt. Sie wirkten auf mich wie Messerstiche. Am meisten schmerzte mich ihr NIE! Es sei definitiv, NIE werde es eine Weihe der Frauen geben. Das glaube ich nicht! Ich bin zutiefst überzeugt, dass in Zukunft auch wir Frauen die Weihe empfangen werden für unseren Dienst in der Kirche. Für mich ist die Weihe nicht eine Frage des Geschlechtes, sondern der Berufung und der Nachfolge Christi. 
    Es gibt auch immer mehr Priester, die ein offenes Ohr haben und eine neue Sensibilität für die Stellung der Frau in der Kirche entwickeln. Einer hat mir kürzlich erzählt, dass er in dieser Frage am Umdenken sei. Ihn habe es betroffen gemacht, zu hören, dass eine Frau die Stigmata Christi an ihrem Leib trage und die Schmerzen Christi mitleide. Sein Kommentar: Wenn der auferstandene Jesus Christus sich im Leib einer Frau manifestiert, wer sind wir, dass wir der Frau die Weihe absprechen? Kann das nicht ein göttliches Zeichen sein? Es gibt mehrere Frauen mit den Wundmalen Christi. Eine davon ist Marguerite Bays, die im Oktober 2019 von Papst Franziskus heiliggesprochen wird. 
    Ein grosser Trost war für mich die Predigt unseres Bischofs Felix an der Chrisammesse 2019. Er hat am Vorbild der heiligen Maria Magdalena, der Apostelin der Apostel, die Frau in der Kirche gewürdigt. Die Spannung in der Kirche in ihrem Verhältnis zur Frau gehe in die Anfänge zurück und lasse sich am Umgang mit Maria Magdalena ablesen. Diese Spannung gelte es heute zu überwinden und in ein geschwisterliches Miteinander zu wachsen. Gemeinsam, Männer und Frauen, tragen wir den Glauben an Jesus Christus und das Leben der Kirche weiter in die Zukunft. Das ist auch meine Hoffnung!“        
    Theresa Herzog

    Fragen und Antworten herunterladen (PDF)
  • 4. Was ist Klerikalismus?

    Gott schenkt der Kirche Priester, damit diese dem Volk Gottes helfen, seine Berufung besser leben zu können. Seit Papst Gregor I. (590-604) gilt für die Päpste die Selbstbezeichnung „servus servorum Dei“, Diener der Diener Gottes. Je höher in der kirchlichen Hierarchie, desto grösser sollte die Dienstbereitschaft an den übrigen Gläubigen sein. So hat es Jesus selbst vorgelebt (vgl. Joh 13,1-20).
    Als Klerikalismus wird heute die ideologische Überhöhung des Priesterbildes bezeichnet. Sichtbar wird er dort, wo Priester sich selbst als a priori höher, heiliger oder als unantastbar sehen, oder durch Gläubige so gesehen werden.
    Insofern ist Klerikalismus eine Versuchung, die alle, Geweihte wie Nichtgeweihte, treffen kann. 
    Klerikalismus zeigt sich dort, wo Priester sich überlegen fühlen und mehr an ihrem Status und ihren Privilegien interessiert sind, als daran, wie sie dem Volk Gottes noch effektiver dienen können. Bereits durch den Propheten Ezechiel machte Gott auf diese Gefahr aufmerksam: „So spricht GOTT, der Herr: Weh den Hirten Israels, die sich selbst geweidet haben! Müssen die Hirten nicht die Schafe weiden?“ (Ez 34, 2) Gottes Wunsch ist ein Miteinander der verschiedenen Aufgaben, Rollen und Dienste in der Kirche, von Kindern, Männern und Frauen.

    Fragen und Antworten herunterladen (PDF)
  • 5. Was unterscheidet die katholische Weihe von einer evangelischen Ordination (Amtseinsetzung)?

    Die Ordination (lateinisch ordinatio – Bestellung, Weihe) ist eine gottesdienstliche Handlung, durch die Gläubige zum geistlichen Amt gesegnet, ausgesondert und gesandt werden. Die Ordination ist die kirchliche Beauftragung zum öffentlichen Dienst an Wort und Sakrament und zur damit verbundenen Seelsorge. 
    Die Weihe ist in der katholischen Kirche ein Sakrament, durch das die Vollmacht Jesu Christi übertragen wird. Diese Vollmachtübertragung durch die Weihe hat mit der apostolischen Sukzession zu tun. Was heisst das? Im Neuen Testament wurden die Apostel durch Jesus Christus ausgesandt und mit Vollmacht ausgestattet, die Kirche zu leiten. Diese gaben ihre Sendung weiter, woraus sich nach der Tradition der frühen Kirche das Bischofsamt entwickelte. Durch eine ununterbrochene Kette von Handauflegungen durch die Bischöfe, wurde jeweils die Vollmacht Jesu, bis in die heutige Zeit weitergegeben. Somit handelt ein geweihter Priester in der Vollmacht und Person Christi. 
    Die Sakramente sind die Fortsetzung dessen, was Jesus auf Erden getan hat. Jesus ist der Priester, das heisst der Spender und der Wirkende bei den Sakramenten. In den Sakramenten gibt Jesus als der Auferstandene im Gewand der Kirche weiter, was Er getan hat. 

    Die evangelischen Kirchen kennen die apostolische Sukzession und damit die amtliche Weitergabe der Vollmacht Jesu nicht. Darum ist die Ordination für sie auch kein Sakrament, sondern eine Berufung und Einsetzung durch die Gemeinde, beziehungsweise der entsprechenden Konfession. In den meisten protestantischen Konfessionen übernimmt der Pfarrer, die Pfarrerin, eine Aufgabe innerhalb des allgemeinen Priestertums. Er oder sie predigt das Wort Gottes, spendet die Taufe und leitet die Abendmahlsfeier. Damit verbunden ist eine funktionelle Sicht des ordinierten Dienstes. So kann im Grunde jeder Getaufte das Abendmahl feiern. (Von da her ist auch klar, dass das evangelische Abendmahl und die katholische Eucharistiefeier nicht identisch sind.) Die sakramentale Voraussetzung dazu ist die Taufe. Auch ein evangelischer Bischof hat keine andere Vollmacht im sakramentalen Sinn wie ein getaufter Laie.
    Seine geistliche Autorität bezieht er aus der Einsetzung und der durch die Kirche (Konfession) vermittelten Autorität, sowie durch die vom Heiligen Geist verliehenen Gnadengaben und Charismen, wie dies bei jedem Gläubigen der Fall ist. 
    Vereinfacht ausgedrückt: Weihe ist Einsetzung von ‘oben’ durch Jesus Christus, vermittelt durch das Amt der Kirche. Dies wird unterstützt durch das Gebet und die Bestätigung des Volkes. Die evangelische Ordination ist eher eine Einsetzung von ‘unten’, von der Gemeinde her, vermittelt durch die jeweilige Landeskirche. 

    Fragen und Antworten herunterladen (PDF)
  • 100. Jesus beruft und bevollmächtigt: Weihe – gesandt an Christi statt (Video-Vortrag)

    Sehen Sie zu diesem Thema das Video vom 7. Vortrag aus dem Glaubenskurs «Sakramente – Christus in Heiligen Zeichen begegnen»